Meldung

WARUM WIR TEURER WERDEN

Die Zeitschrift der Straße kostet jetzt 50 Cent mehr. Das hilft den VerkäuferInnen auf der Straße – und schafft einen neuen Arbeitsplatz

 

Sie haben es gemerkt: Die Zeitschrift der Straße ist 50 Cent teurer geworden. Seit Bremens Straßenmagazin vor genau sechs Jahren erstmals erschien, ist dies die erste Preiserhöhung. In der Zwischenzeit ist vieles teurer geworden: Heute kriegen Sie für 2,50 Euro einen großen Kaffee bei McDonald’s oder ein Beck’s in der Kneipe an der Ecke. Das Einzelticket für Bus oder Straßenbahn kostet mit 2,75 Euro mittlerweile schon mehr als die Zeitschrift der Straße. Für ein Micky-Maus-Heft zahlen Sie 3,50 Euro und für ein Päckchen Zigaretten im Schnitt 5,80 Euro.

Der Grund für den höheren Preis der Zeitschrift der Straße sind aber nicht etwa höhere Redaktions-, Papier-, Druck- oder Lagerkosten, denn die sind, pro Heft gerechnet, sogar leicht gefallen – weil die verkaufte Auflage gestiegen ist. Und Verwaltungskosten haben wir ohnehin fast keine.

Vielmehr haben wir den Preis erhöht, um der sozialen Mission der Zeitschrift der Straße besser gerecht zu werden. Vom neuen Verkaufspreis von 2,50 Euro bekommen die VerkäuferInnen künftig 1,30 Euro, also 20 Cent mehr als bisher. Damit möchten wir den Straßenverkauf ein bisschen lohnender machen, der eine mühsame, körperlich anstrengende und oft frustrierende Arbeit ist. Die Betonung liegt auf Arbeit. Das ist uns wichtig. Um auf den neuen gesetzlichen Mindest­stunden­lohn von 8,84 Euro zu kommen, müssen die Straßen­verkäuferInnen durch die Preiserhöhung künftig nicht mehr acht, sondern weniger als sieben Hefte pro Stunde verkaufen. Realistisch ist das für die meisten noch immer nicht, denn das entspricht einem verkauften Heft alle neun Minuten. Doch mit dem Trinkgeld, das viele Menschen den VerkäuferInnen zusätzlich in die Hand drücken, können sie sich dem gesetzlichen Mindestlohn zumindest nähern.

Die übrigen 30 Cent aus der Preiserhöhung verwenden wir zur Finanzierung einer halben Stelle, mit der wir die Betreuung unserer rund 80 VerkäuferInnen auf der Straße verbessern wollen. Wenn auch weiterhin mindestens 75.000 Hefte im Jahr verkauft werden, dann reichen die zusätzlichen Einnahmen von 22.500 Euro knapp aus, um daraus die halbe Stelle zu bezahlen.

Im Vertrauen darauf, dass Ihnen die Zeitschrift der Straße auch 2,50 Euro wert ist, worin uns eine Umfrage unter den LeserInnen im letzten Sommer bestärkt hat, haben wir die halbe Stelle bereits zum 1. Januar besetzt. Petra Kettler ist nun die erste Angestellte der Zeitschrift der Straße – nach sechs Jahren! Ihre Aufgabe ist es unter anderem, VerkäuferInnen an ihren Standorten aufzusuchen, dort auch mit Laden­inhaberInnen zu sprechen, Konflikte zu lösen und für ein gutes Miteinander zu sorgen. Petra Kettler verstärkt außerdem das 16-köpfige, bisher rein ehren­amt­liche Vertriebsteam, das Tag für Tag das Büro am Laufen hält, Hefte ausgibt, Geld einsammelt, Abrechnungen erstellt und für die VerkäuferInnen immer warmen Kaffee und ein offenes Ohr bereithält.

Abschließend haben wir noch eine kleine Bitte an Sie: Die Preiserhöhung hat manche unserer VerkäuferInnen sehr verunsichert. Sie befürchten nämlich, nun weniger Hefte zu verkaufen als bisher – und auch den Verlust von Trinkgeld. Das Leben hat vielen von ihnen allen Grund gegeben, misstrauisch und verunsichert zu sein. Zeigen Sie ihnen deshalb jetzt umso deutlicher Ihre Solidarität, indem Sie die Zeitschrift der Straße regelmäßig kaufen.

Text und Abbildung: Michael Vogel