Alle Artikel in: Ausgabe

#119 Alte Hafenstrasse

EDITORIAL: Klein und allein Liebe Leser:innen, sie sind klein, allein und tauchen immer mal wieder auf: historische Häuser aus der Alten Hafenstraße in Vegesack. Wir haben uns in dieser Ausgabe einen lang gehegten Wunsch erfüllt, indem wir die Straße – oder jedenfalls Teile davon – auch fotografisch einmal durchs Heft laufen lassen. Wenn Sie durch diese Ausgabe blättern, begegnen sie Ihnen immer mal wieder, die denkmalgeschützten Häuser, versehen mit dem Baujahr. Es ist ein kleines Experiment und – wie wir festgestellt haben – gar nicht so leicht umzusetzen. Denn wie unsere Fotografin Beate C. Köhler, die die Häuser als Miniaturen für Sie eingefangen hat, bemerkte: Ganz so einfach ist das gar nicht, eine ganze Straße abzufotografieren. Immer steht etwas davor: eine Mülltonne, ein geparktes Auto, nur selten trifft man die Häuser pur und in ganzer Schönheit an. Deshalb erheben wir auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, hoffen aber, die Bilder machen Ihnen Appetit auf einen Ortsbesuch mit Wiedererkennungswert. Was Sie sonst noch zur Vorbereitung Ihres Vegesack-Besuchs wissen müssen, finden Sie natürlich ebenso in dieser Ausgabe. Da …

#118 Teerhof

EDITORIAL: Reif für die Insel Liebe Leser:innen, Bremen ist eine Stadt am Wasser, das wissen Sie natürlich. Aber während etwa in unserer letzten Ausgabe über die Flughafenallee davon nur wenig zu mer­ken war, gilt es für diese hier umso mehr. Der Teerhof, die kleine Halb­insel zwischen Schlachte und Neustadt, ist wahrscheinlich das wässrigste Quartier der Stadt. Als spitzes Ende des Stadtwerdersliegt die Straße sozusagen mitten in der Weser, oder genauer gesagt: zwischen dem Fluss und seinem Nebenarm. Besonders viel zu sehen ist davon allerdings nicht, wenn man erst mal da ist. Links wie rechts ist die Straße von mehrstöckigen Häusern gesäumt und macht eher den Eindruck eines lang gezogenen Innenhofs. „Wie eine Burg“, hatten sich gleich mehrere unserer Redakteur:innen beim ersten Besuch notiert. Und tatsächlich: Diese Erfahrung der Abschottung ist uns auch über die ganze Recherche hinweg erhalten geblieben. Während wir direkt vorn an der Bürgermeister-Smidt-Brücke sowohl das Kunstmuseen Weserburg (S. 8) als auch die benachbarte Gesellschaft für Aktuelle Kunst (S. 20) sehr ergiebige Einblicke in zeit­genöss­ische Malerei und Installation gewinnen konnten, ist uns der hintere Teil der …

#117 Flughafenallee

EDITORIAL: Ein Flug nach Irgendwo Liebe Leser:innen, diese Ausgabe fing schon bei der Planung zünftig an: Zur Redaktionskonferenz kam eine unserer Autor:innen zu unserer Überraschung mit einem großen Rollkoffer. Sie wollte ihn eigentlich vorher schnell zur Reparatur bringen – ein Rad war kaputt –, allerdings sind Ersatzteile für ältere Koffer schwer zu bekommen und sie verließ das Geschäft unverrichteter Dinge mit nach wie vor kaputter Rolle. Als unfreiwilliges Accessoire unserer Planungsrunde sorgte das Gepäckstück gleich für Reisefieber. Und das passt ja auch: Denn wer zur Flughafenallee fährt, zieht meistens ebenfalls einen Koffer hinter sich her. Und selbst wenn eine Rolle kaputt ist und Ziehen nicht geht: Lange Strecken tragen muss man ihn auf dem Weg zum Airport sowieso nicht. Das liegt auch an der Straßenbahn, mit der man so bequem wie wohl kaum irgendwo sonst in nur wenigen Minuten vom Stadtzentrum zum Flughafen kommt. Was eine BSAG Fahrerin so erlebt, die täglich zwischen Uni und Flughafen pendelt und an der Wendeschleife nur knappe sechs Minuten Pause hat, haben wir sie während einer Fahrt zum Airport …

#116 Steffensweg

EDITORIAL: Im echten Walle Liebe Leser:innen, der letzte Handgriff bei der Herstellung jeder Zeitschrift der Straße ist, das Heft in die Ausgabenliste einzutragen. Das ist so eine Tabelle mit vier Spalten: Heftnummer, Erscheinungstag, Straßenname und – ganz am Ende – Stadt- und Ortsteil, damit wir ein bisschen im Blick behalten, wo wir zum einen gerade erst waren und wo wir zum anderen dringend mal (wieder) hinmüssten. Bei diesem Heft hier war das komisch. Denn einerseits ist unser letzter Besuch in der Gegend noch gar nicht lange her: Die Nordstraße liegt zum Beispiel gleich um die Ecke, und die Konsul-Smidt-Straße ist ja auch gar nicht so lange her. Es fühlte sich aber ganz anders an, denn beim Fußmarsch durch den Steffensweg stellten sich unweigerlich Fragen wie: Sind wir wirklich so nah an der Überseestadt? Ist das alles Walle? Sind wir überhaupt auf demselben Planeten? Tatsächlich hat der Steffensweg nicht viel gemein mit der blitzblanken Überseestadt ums Eck. Nicht nur, weil viele der hier vorherrschenden 1950er-Jahre-Bauten schon ein bisschen in die Jahre gekommen sind, sondern auch, weil …

#115 Fisch

EDITORIAL: Petri Heil! Liebe Leser:innen, Fisch ist in Bremen so allgegenwärtig, dass man ihn schon gar nicht mehr wahr­nimmt. Oder geht Ihnen das anders? Wir hatten bei der Planung dieser Ausgabe jedenfalls nur eine vage Vorstellung davon, dass die glupsch­äugigen Wasser­bewohner irgendwie auch identitäts­stiftend für Bremen sein könnten. Es scheint zunächst einmal eher eine Ange­le­genheit der Touris zu sein, ein Fisch­brötchen an der Weser zu mampfen, von „Fischtown“ zu reden – oder beim Fußball einen der ältesten und hartnäckigsten Spottgesänge anzustimmen. Sie wissen schon: „Was ist grün und stinkt nach Fisch?“ Eben. Und weil wir hier bei der Zeitschrift der Straße sind, sei wenigstens dazugesagt, dass es auch eine ganze Menge fischiger Straßennamen in Bremen und Bremer­haven gibt. Die haben wir zusammengetragen, auch wenn wir bei der Scholle vielleicht ein bisschen gemogelt haben (Seite 6), denn es gibt ja auch die Schollen, die man nur an Land, genauer: auf dem Acker findet. Wir haben uns jedenfalls entschieden, dem Fisch als solchem eine eigene Ausgabe zu widmen, gerade weil er in Bremen so allgegenwärtig und doch sonderbar unsichtbar ist. Die Wirt­schafts­förderung …

#114 Fehrfeld

EDITORIAL: Zurück in die Zukunft Liebe Leser:innen, ja, Sie haben recht, irgendwas ist anders auf dem Titelbild. Und nicht nur dort. Auch im Inneren des Hefts werden Sie ein paar layouterische Neuerungen entdecken, von denen nicht wenige auf Vorschläge aus der Leser:innenschaft zurückgehen. Die kleine Landkarte auf Seite 6 zum Beispiel wurde immer mal wieder an uns herangetragen und soll ab jetzt bei der Orientierung helfen, wo die Zeitschrift der Straße gerade wieder unterwegs war. Aber keine Sorge: Inhaltlich werden Sie alles wiederfinden, was Ihnen an unserem Magazin gefällt – vielleicht sogar ein bisschen mehr davon als üblich, denn tatsächlich hatten wir lange nicht so viele verschiedene Beiträge wie in dieser Ausgabe. Im Fehrfeld sind wir übrigens nicht zum ersten Mal. Nur hat sich hier seit unserer Ausgabe #15 eine ganze Menge verändert, auch wenn man dafür manchmal etwas genauer hinsehen muss. Den Golden Shop zum Beispiel gab es damals zwar auch schon, nur hat der sympathische Buchladen am Südende der Straße inzwischen gemeinsam mit den Nachbarn das Haus gekauft (S. 8). Auch das Pizza-Urgestein …

#113 Rausch

EDITORIAL: Party, Elend und Ekstase Liebe Leser:innen, nein, „Rausch“ ist kein Bremer Straßenname. Aber es ist ein Thema, das die Straße betrifft, nicht nur, weil viele unserer Verkäufer:innen Suchterfahrung mit sich herumschleppen. Rausch gehört zum Leben, bei Wohnungslosen nicht mehr oder weniger als bei anderen Menschen. Die jahrzehntealte Debatte um die Drogen­szene am Hauptbahnhof hat in den letzten Monaten mal wieder Fahrt aufge­nom­men, weil die Crack-Welle die ganze Stadt herausfordert: Streetworker:innen, Strafverfolgungs­behörden, die Zeitschrift der Straße – aber auch den meisten von Ihnen, unseren Leser:innen, dürften die Folgen nicht entgangen sein. Aber ist Rausch gleich Sucht, gleich Elend, gleich Sicherheitsproblem? Ein paar Minuten zu Fuß vom Drogen-Hot-Spot Hauptbahnhof sieht die Sache gleich ganz anders aus: Für die Bars und Kneipen an der Schlachte etwa ist Rausch ein gern gesehenes Phänomen, ein profitabler Wirtschaftszweig und ein beworbener Anziehungspunkt für den Tourismus. Rausch prägt Straßen und Stadtgesellschaft auf sehr unterschiedliche, manchmal widersprüchliche Weise. Und darum ist er auch ein Thema für die Zeitschrift der Straße. Für diese Themenausgabe haben wir etwa Bremens Cannabis Social Club besucht, einen …

#112 Delfter Strasse

EDITORIAL: Schluss mit Endstation Liebe Leser:innen, Hand aufs Herz: Wie gut kennen Sie Huchting? Wir bei der Zeitschrift der Straße hatten da bis vor Kurzem jedenfalls noch große Lücken. Okay, wir waren mal im Sodenmatt: Ausgabe 22, die Älteren werden sich erinnern. Dann war lange nichts. Dass der Bremer Südwesten weitgehend ein weißer Fleck auf unserer Landkarte ist, lässt sich zwar nur schwerlich entschuldigen – aber doch immerhin erklären. Huchting ist schon echt weit weg von der Stadtmitte, von unserem persönlichen Umfeld, unseren Verkäufer:innen. Und überhaupt: von Bremen. Das ändert sich gerade ein wenig und deshalb waren wir auch hier. Weil die Straßenbahn kommt. Der Ausbau der Linien 1 und 8 in Huchting ist beschlossene Sache, Teil des „beschlossenen Handlungskonzepts im aktuellen Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025“, wie das auf Behördendeutsch heißt. Was erst mal gut klingt, bewegt die Huchtinger Gemüter auf sehr unterschiedliche Weise. Viele freuen sich. Manche Zugezogenen der letzten Jahre haben Huchting überhaupt nur in ihre Überlegungen einbezogen, weil diese Anschlüsse kommen. Andere fürchten jahrelange Baustellen und gravierende Eingriffe ins Straßenbild. Wir haben uns …

#111 Scharnhorststrasse

EDITORIAL: Schwachhausen durch die Hintertür Liebe Leser:innen, pünktlich zum Herbstanfang ist unsere Sommerpause vorbei und wir melden uns nach zwei Monaten zurück mit einer neuen Ausgabe der Zeitschrift der Straße: einer etwas ungewöhnlichen allerdings, weil die Texte diesmal nicht aus den Händen und Köpfen unserer ehrenamtlichen Redaktion stammen, sondern von Studierenden der Uni Bremen. Die haben sich im vergangenen Semester mit der Scharnhorststraße beschäftigt. Wir befinden uns also in Schwachhausen, einem Stadtteil, der nicht nur Bremen bekannt ist für prachtvolle Villen in Parknähe oder doch wenigstens aufwendig sanierte Altbremer Häuser: ganz hübsch jedenfalls, in ruhiger Lage – und nicht ganz billig. Tatsächlich ist die Scharnhorststraße auch nicht gerade ein sozialer Brennpunkt. Im Gegenteil scheint hier alles wie im Dornröschenschlaf vor sich hin zu schlummern, was sicher nicht nur an der Verkehrsberuhigung liegt. Die Scharnhorststraße führt durch eine Wohngegend, der Verkehr fließt wie im Kreis drumherum über Kurfürstenallee, Kirchbachstraße, Schwachhauser Heerstraße und Bürgermeister-Spitta-Allee. Das heißt allerdings nicht, dass in der Straße nichts los wäre. Wir sind hier etwa auf einen Verein gestoßen, der sich seit gut …

#110 Sommerdeich

EDITORIAL: Urbanes Grün Liebe Leser:innen, es wirkt ein bisschen unentschlossen, dieses erstaunlich weitläufige Areal hinter dem Weserstadion. Als wüsste der breite Streifen Grün selbst nicht immer ganz genau, was er da zwischen Fluss und Stadt eigentlich sein möchte: Ein Park? Ein Schrebergartengebiet? Oder doch eher Spiel- oder Sportplatz? Bereits der Straßenname auf dem Titel dieser Zeitschrift – Sommerdeich – verrät noch eine weitere Eigenschaft der umliegenden „Pauliner Marsch“. Aus stadtplanerischer Sicht ist sie nämlich zunächst mal vor allem ein Überschwemmungsgebiet. Was das für die zahlreichen Nutzer:innen des Geländes bedeutet, haben wir uns gefragt (S. 20) und einige davon bei dieser Gelegenheit auch gleich etwas besser kennengelernt. Da wären zum Beispiel die ehemaligen Besetzer:innen des Alten Sportamts, die inzwischen einen Verein gegründet und einen auf Dauer ausgelegten Nutzungsvertrag mit der Stadt ausgehandelt haben (S. 22). Auch mit den jungen Menschen, die das Gelände nachts für Freiluft-Partys nutzen, haben wir gesprochen (S. 12) – und irgendwie erlebt haben wir auch die wohl einzigen richtigen Vollzeitbewohner:innen der Straße: die Esel, Ziegen und Pferde vom Sportgarten (S. 14). Insgesamt …