Month: November 2015

DIE KOMMENDE KÄLTE LÄSST UNS NICHT KALT

Mehrere hundert Menschen in Bremen sind obdachlos, d.h. sie leben permanent auf der Straße. Daneben gibt es sehr viele Wohnungslose – Menschen ohne festen Wohnsitz, die in Notunterkünften oder Wohnheimen leben. Die Gründe für Obdachlosigkeit sind vielfältig, aber häufig sind es Schicksalsschläge wie Trennung, Gewalterfahrungen oder Jobverlust, in deren Folge Menschen auf der Straße landen. Dieses gravierende soziale Problem muss mehr Aufmerksamkeit in Politik und Gesellschaft erfahren. Viele unserer Straßenverkäuferinnen und -verkäufer wissen aus eigener Erfahrung, an welchen Orten in der Stadt sich Menschen aufhalten, die kein Dach über dem Kopf haben. Nicht jeder und jedem sieht man es auf den ersten Blick an. Es ist tatsächlich nicht ungewöhnlich, dass jemand im Sommer auf einer Bank im Bremer Bürgerpark oder den Wallanlagen übernachtet. Aber im Winter? Bereits bei Temperaturen, die deutlich über Null liegen, birgt die Nacht unter freiem Himmel die Gefahr des Auskühlens und Krankwerdens. Was also wird mit denen, die keinen geschützten Platz zum Schlafen haben? Oft bieten ein heißer Kaffee, eine Suppe und ein Schlafsack erste Hilfe in der größten Not. Streetworker …

WIE LEBT MAN ALS OBDACHLOSER?

Wie lebt man als Obdachloser? Wie fühlt es sich eigentlich an, kein Zuhause zu haben? Was würde einem fehlen, was wären die größten Schwierigkeiten?   Diese Fragen stellten sich in den vergangenen Tagen 13 Konfirmanden der evangelischen Gemeinde Arsten-Habenhausen. In einer Projektwoche beschäftigten sie sich an zwei Nachmittagen mit dem Streetworker Jonas Pot d’Or vom Verein für Innere Mission mit dem Thema Obdachlosigkeit. Sie diskutierten, wie man eigentlich obdachlos wird und welche Hilfemöglichkeiten es gibt. Dann ging es raus in die Kälte: Eine Gruppe versuchte eine Stunde lang, Flaschen zu sammeln, eine, die Zeitschrift der Straße zu verkaufen. Die erzielten Einkünfte an diesem kalten, regnerischen Tag waren für die Jugendlichen ernüchternd: Nach einer Stunde hatte keiner von ihnen eine Zeitschrift verkauft, die Gewinne aus dem Flaschensammeln beliefen sich auf wenige Euro. Mit solchen Arbeiten seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, wie es viele Menschen tun, die etwa aus Rumänien hierher gekommen sind, war für sie schwer vorstellbar. Vieles fiel ihnen aber dazu ein, was sie vermissen würden, wenn sie obdachlos wären: Ein gemütliches Bett im Warmen etwa, …

VORTRAG ZUR ZEITSCHRIFT DER STRASSE AM 28.11.

In der Vortragsreihe „Wissen um 11“ im Bremer Haus der Wissenschaft tritt erstmals die Zeitschrift der Straße ans Rednerpult. Am Samstag, den 28. November 2015 um 11 Uhr morgens wird Michael Vogel als Initiator, Mitbegründer und einer der Leiter des Bremer Straßenmagazins zu folgendem Thema sprechen: Hochschulen als Akteure der Zivilgesellschaft. Das Beispiel der Bremer Zeitschrift der Straße Worum geht’s? Unter Zivilgesellschaft wird der öffentliche Raum zwischen Staat, Markt und Familie verstanden, wo sich Menschen einzeln, in Initiativen, Vereinen, sozialen Bewegungen, NGOs usw. betätigen. In jüngerer Zeit verschwimmen die Grenzen der Zivilgesellschaft zunehmend, denn Staat, Wirtschaft und der ‚Nonprofit-Bereich‘ haben soziale Innovationen als gesellschaftliches Gestaltungsmittel für sich entdeckt. Soziale Innovationen verlangen häufig sektorübergreifende Kooperationen oder ganz neue Mischformen. Hochschulen, die bislang technische Innovatoren ausgebildet und technische Innovationen hervorgebracht haben, werden dies künftig verstärkt auch für soziale Innovationen tun und damit immer mehr zu Akteuren der Zivilgesellschaft werden. Wie dies konkret aussehen kann, zeigt das Beispiel der Zeitschrift der Straße. Michael Vogel ist studierter Betriebswirt, promovierter Volkswirt und promovierter Bildungswissenschaftler. Er arbeitete einige Jahre in der …

Schmutzige Scheibe unseres Vertriebsbüros

EIN JAHR AUF DER BRAKE

Im Dezember 2014 zog das Vertriebs- und Redaktionsbüro der Zeitschrift der Straße mit Sack und Pack aus dem Lloydhof aus und in die Nähe des Hauptbahnhofs, direkt neben das damals neu eröffnete Café Papagei, den Treffpunkt für wohnungslose Menschen. Auf der Brake 10-12 ist seither unser „Zuhause“. Inzwischen wissen wir die Vorteile dieses Umzugs sehr zu schätzen. Unser Büro ist gemütlich und gut erreichbar. Das ist nicht nur für den Vertrieb wichtig, sondern auch für die vielen Freiwilligen, die unser Büro tagsüber besetzen, und für die studentischen AutorInnen, die hier mit der Redaktionsleitung regelmäßig ihre Konferenzen abhalten. Die Verkäuferinnen und Verkäufer haben nebenan im Café Papagei einen schönen Aufenthaltsort, an dem sie essen und trinken, duschen und sich mit Kleidung eindecken können. Die ärztliche Notversorgung ist auch nur eine Tür weiter. Alle diese Einrichtungen werden vom Verein für Innere Mission betrieben, der auch die Zeitschrift der Straße herausgibt. Sogar unser neues großes Vorhaben, die Uni der Straße, findet Platz in den Räumen Auf der Brake. Ins Erdgeschoss wird in den nächsten Wochen das Uni-Projektbüro einziehen. …

Zynischer Kontrast: I love Bremen

DAS MÜSSEN WIR HINKRIEGEN – FÜR ALLE!

Gastbeitrag von Hinz&Kunzt, Hamburg: Freunde fragen mich manchmal, ob es mich frustriert, wenn sie oder andere sich jetzt intensiv für Flüchtlinge engagieren – und die Obdachlosen so ins Hintertreffen geraten. Nein, dass sich so viele um die Neuankömmlinge kümmern und offen für sie sind, finde ich richtig toll. Das macht mir Mut für die Zukunft. Das geht übrigens nicht nur mir so, sondern auch anderen in unserem Team von Hinz&Kunzt. Ein Kollege ist ganz aktiv als Flüchtlingshelfer, auch viele Obdachlose und Ex-Obdachlose engagieren sich. Und die Obdachlosen sind dadurch nicht ins Hintertreffen geraten. Sie waren es schon, bevor die Flüchtlinge kamen. Nur wird jetzt erst so richtig deutlich, was alles möglich ist, wenn eine ganze Stadt sich anstrengt. Hamburg hat, wie Bremen viele Tausende Menschen untergebracht. Mehr schlecht als recht, aber immerhin. Politiker, Behördenmitarbeiter, Mitarbeiter der Unterkünfte, Freiwillige – sie arbeiten bis an den Rand der Erschöpfung. Diese Meisterleistung unserer Städte begeistert mich. Und machen mich gleichzeitig ein bisschen neidisch. Warum wird das Thema Obdachlosigkeit nicht mit derselben Power angepackt? Ich komme mir schon vor …

ABSCHIED NEHMEN AM 22. NOVEMBER

Wenn obdachlose Menschen sterben, werden sie meist anonym bestattet, den genauen Ort kennen nur die Behörden. So war es lange Zeit auch in Bremen, bis der Verein für Innere Mission vor drei Jahren eine Urnengrabstätte auf dem Waller Friedhof eingerichtet hat (Foto). Hier werden Menschen, die weder ein Obdach noch Angehörige hatten, würdevoll bestattet. Ihre Namen sind auf steinernen Büchern verewigt, die zu beiden Seiten des Grabsteins stehen. „Solch ein Begräbnis verleiht dem Tod der Wohnungslosen eine Würde, die sie im Leben oft genug nicht erfahren durften“, sagt Bertold Reetz, Leiter der Wohnungslosenhilfe des Vereins. Finanziert werden konnte die Grabstätte durch private Spenden und mithilfe der Stadt. Am Sonntag, 22. November 2015, wird in einem Gottesdienst an die Verstorbenen erinnert. Zu der jährlich stattfindenden Veranstaltung werden rund 130 Gäste erwartet, darunter Freunde und Bekannte der Verstorbenen. Aber auch interessierte Bürger, die die Verstorbenen würdigen möchten, sind zu der Feier herzlich eingeladen. Die Predigt wird Pastor Jürgen Mann halten, der als Seelsorger der Inneren Mission viele wohnungslose Menschen in Bremen persönlich kennt. Gottesdienst zum Gedenken an …

VerkäuferInnen der Zeitschrift der Straße

KAUFEN STATT ALMOSEN GEBEN

Viele Bremerinnen und Bremer kennen inzwischen die Zeitschrift der Straße. Und wer eine Ausgabe durchgeblättert und gelesen hat, der weiß: Es lohnt sich. Unser Magazin bietet ungewöhnliche Einblicke in diese Stadt und Geschichten von Menschen, über die sonst niemand schreibt. Dennoch passiert es immer wieder, dass Passanten unseren Verkäufern keine Zeitung abkaufen, sondern ihnen einfach eine Münze zustecken. Das mag nett gemeint sein, doch es degradiert unsere Kollegen auf der Straße (sicherlich ungewollt) zu Almosenempfängern. Wir vom Projekt Zeitschrift der Straße wollen eine Alternative zum „Schnorren“ schaffen. Wir wollen, dass bedürftige Menschen selbstbewusst ein publizistisches Qualitätsprodukt anbieten und so positive Begegnungen, Gespräche und Erfahrungen entstehen. Und zwar auf Augenhöhe. Zehntausende Exemplare der Zeitschrift der Straße wurden bereits verkauft, Zehntausende Kontakte geschaffen zwischen besser situierten und häufig ausgegrenzten Menschen. Deshalb appellieren wir an Sie, liebe Leserinnen und Leser: Statt Almosen zu geben, kaufen sie weiterhin die neuesten Ausgaben bei unseren Verkäufern. Wenn Sie ihnen ansonsten etwas Gutes tun wollen, dann helfen Sie mit der wirksamsten Werbung der Welt: Erzählen Sie in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis von …

DIGITALE KARTOGRAFEN

#33 FALKENSTRASSE – Eine bunte Gruppe von Hackern arbeitet an einer besseren Weltkarte   Hackerspace. Das klingt nach einem vertrackt zwielichtigen Hinterzimmer. Und ist doch das Gegenteil: ein Ort, an dem getüftelt, verändert und erarbeitet wird – offen in jeglicher Hinsicht. Der Hackerspace Bremen wurde Ende 2011 als Verein gegründet. Er hat 53 Mitglieder und doppelt so viele Aktive. Nerds im besten Sinne: Technikbegeisterte jeden Alters, Informatiker, Elektroniker und Bastler. Sie treffen sich in sogenannten Usergroups und gehen gemeinsamen Hobbys in Kreativwerkstätten und Workshopräumen nach. Wichtigstes Mitglied – so hört man – sei der Grill. Der laufe eigentlich immer. Beim Betreten des Hinterhofs in der Bornstraße liegt allerdings ein anderer Geruch in der Luft. Von einem Lasercutter ziehen beißende Dämpfe herüber. Anfang des Jahres hat eine Teespedition auf der anderen Hofseite zusätzliche Räume zur Verfügung gestellt. Hier wird gelötet, geätzt und in 3D gedruckt. Aber auch geruchsneutral mit der Stickmaschine und einem Plotter an großflächigen Plakaten gearbeitet. Eine der Usergroups, die monatlich Platz, Infrastruktur und Technik des Hackerspace nutzt, ist die OpenStreetMap-Gruppe (OSM). Früher trafen …