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#77 LEIBNIZPLATZ (digitale Soli-Ausgabe)

EDITORIAL: In Zeiten des Coronavirus Das ist die erste Ausgabe, die nie gedruckt werden wird: Die Zeitschrift der Straße in Bremen hat wegen des Coronavirus ihren Vertrieb eingestellt. Dieses Heft, das am Leibnizplatz in der Neustadt spielt, erscheint deshalb ausschließlich online. Für alle Engagierten ist das eine schmerzliche Erfahrung. Aber der Schutz unseres ehrenamtlichen Vertriebsteams und unserer VerkäuferInnen vor Ansteckung ist eine große Herausforderung, die wir sehr ernst nehmen. Je mehr Menschen sich selbst isolieren, von zu Hause arbeiten, unter Quarantäne stehen und den Kontakt zu Fremden meiden, desto schwieriger wird auch der Straßenverkauf von Zeitschriften. In diesen Wochen und Monaten verzeichnen deshalb alle Straßenmagazine schwere Einbrüche im Absatz. Auch wir werden um unsere Existenz kämpfen müssen. Dabei sind unsere StraßenverkäuferInnen, von denen viele gesundheitlich beeinträchtigt sind, durch das Coronavirus besonders gefährdet. Viele von ihnen sind EU-MigrantInnen und erhalten hierzulande keine Sozialleistungen. Unser Herausgeber, der Verein für Innere Mission, tut weiterhin alles nun Mögliche, um Sozialarbeit zu leisten. Doch es wird schwer, mit unseren VerkäuferInnen über die nächsten Monate überhaupt in Kontakt zu bleiben. Um …

#76 GRÖPELINGER HEERSTRASSE

EDITORIAL: Hingehen und ankommen Gröpelingen: ein Stadtteil im Westen Bremens, den so mancher Bremer wohl noch nie wirklich besucht hat. Wenige Stadtteile bei uns haben einen so schlechten Ruf, wenige wecken so viele Berührungsängste. Dabei hat Gröpelingen viel zu bieten. Man muss nur hinschauen. Und natürlich haben wir das gemacht: Unsere AutorInnen sind ausgeschwärmt entlang der Hauptschlagader Gröpelingens, der Gröpelinger Heerstraße. Knapp drei Kilometer mitten durch den Stadtteil, entlang an türkischen Gemüseläden, Cafés, Altbremer Reihenhäusern und jeder Menge Geschichten. Wir sprachen mit KontaktpolizistInnen über Clankriminalität, Drogenhandel und Gewalt – und darüber, ob der Stadtteil tatsächlich so schlimm ist, wie sein Ruf. (Seite 12). Wir trafen Menschen, die Kindern und Jugendlichen im Atelier Roter Hahn Kunst nahebringen und ihre Kreativität fördern (Seite 24). Und sprachen mit einer Frau, die einst unter psychischen Problemen litt, nun aber als Genesungsbegleiterin Menschen mit ebensolchen Problemen professionell unterstützt (Seite 9) Und wir haben kurz vor seinem Abriss noch einmal das knapp hundertjährige Tram-Depot der Bremer Straßenbahn AG besucht und in Bildern dokumentiert (Seite 16). Außerdem begrüßen wir in dieser Ausgabe …

#75 BROMMYPLATZ

EDITORIAL: Das kostet Leben Die Zeitschrift der Straße ist teurer geworden, um 30 Cent, um genau zu sein. Das heißt: In diesem Jahr bekommen unsere VerkäuferInnen eine Gehaltserhöhung! Denn wir teilen uns das Geld brüderlich. 1,40 Euro gehen pro Ausgabe an die Menschen, die sie verkaufen. Und 1,40 Euro gehen an uns, die wir dieses Heft (und noch ein paar andere Sachen) für die Wohnungslosen machen. Der Grund für die Preiserhöhung ist simpel: Das Leben ist teurer geworden. Auf der Straße sowieso. Aber auch die Produktion dieser Zeitschrift kostet mehr als früher – etwa das Papier, auf dem diese Zeilen stehen. Da wir knapp kalkulieren, um dieses Sozialprojekt überhaupt realisieren zu können, müssen wir diese Kosten an Sie weitergeben. Wir hoffen, Sie bleiben uns dennoch gewogen! Im neuen Jahr sind wir zunächst mal nach Peterswerder gezogen, wo wir mit einem Stadtplaner darüber geredet haben, wie der Gründerzeitplatz zu dem wurde, was er heute ist (Seite 12). Außerdem haben wir einen Mann getroffen, der zwar blind ist, aber findet, dass es ja noch Schlimmeres gibt im …

#74 LANGEMARCKSTRASSE

EDITORIAL: Vom Heim- und Fernweh Das Erbe des Nationalsozialismus ist noch immer präsent in Bremen – zum Beispiel in der Straße, der wir uns diesmal gewidmet haben. Denn die Langemarckstraße erinnert mit ihrem Namen an eine Schlacht im Ersten Weltkrieg, die von den Nazis instrumentalisiert und in ihrem Sinne hochstilisiert wurde. Bis heute konnte man sich nicht darauf einigen, die Straße umzubenennen. Dabei passt dieser Name so gar nicht zu diesem Ort: Denn die Langemarckstraße kann viel davon erzählen, wie es ist, wenn verschiedene Kulturen friedlich zusammenleben. Alte und Junge, Alteingesessene und Zugezogene prägen ihn – Menschen, die angekommen sind oder noch nach einem Zuhause suchen. So wie Xander Abdul, ein junger Mann, der an der Universität BremenJura studiert. Und nebenbei im Restaurant seiner Mutter aushilft. Er sprach mit uns über Familie, Religion und Zusammenhalt in der afrikanischen Community (Seite 8). Ein Teil dieser Community findet sich auch in unserer Bildstrecke wieder. 13 Friseure säumen die Langemarckstraße – auf nicht mal einem Kilometer. Wir haben sie mal gefragt, warum sie ihren Beruf ergriffen haben (Seite …

#73 GERHARD ROHLFS STRASSE

EDITORIAL: Herr Weinert und eine WG vielleicht erinnern Sie sich noch, zumindest die ganz gründlichen unter unseren LeserInnen: In der Ausgabe „Hochschulring“ stand, dass man da „erst seit 2014“ heiraten kann. Das ist auch nicht ganz falsch, aber eben auch nicht ganz richtig, wie uns Matthias Weinert – übrigens „stolzer Besitzer aller Ausgaben der Zeitschrift der Straße“ – schreibt: „In der Spitze des Fallturms haben meine damalige Frau Evelin und ich bereits am 9.9.1999 standesamtlich geheiratet.“ Der Leiter des Standesamtes hatte sich zwar geweigert, weil er der Meinung war, dass dieser Ort nicht den erforderlichen Voraussetzungen genüge. Aber eine Standesbeamtin erklärte sich dann doch bereit, ebenda eine Eheschließung vorzunehmen. Deshalb waren die beiden wohl die Ersten! Damit kommen wir nahtlos zur neuen Ausgabe, die aber an einem ganz anderen Ende der Stadt spielt, in Vegesack, wo wie eher selten zu Gast sind. Die Fußgängerzone dort trägt den Namen eines bekannten Sohnes dieses Stadtteils, der eine eher schillernde Figur war (Seite 8). Und dann ist da noch ein anderer, noch nicht ebenso bekannter Sohn, Jens Peter …

#72 MAHNDORFER HEERSTRASSE

EDITORIAL: Hinter grauen Fassaden Es gibt sie überall, diese Straßen, die man in der Regel achtlos entlangfährt, im Auto, im Bus oder in der Straßenbahn. Ein flüchtiger Blick aus dem Fenster auf leer stehende Geschäfte, auf Fassaden, die ergraut sind von den Autoabgasen vieler Jahre – und schon haben wir unser Urteil über diesen Ort gefällt. Dabei tun wir solchen Orten in der Regel Unrecht. Denn hinter den Fassaden offenbaren sich – wieder einmal – überraschende Lebensläufe und spannende Geschichten. So ist es auch in dieser Ausgabe, die uns in die Mahndorfer Heerstraße führte, an die Stadtgrenze Bremens. Wir trafen Menschen, die sich mit Kraft gegen die Folgen des Kapitalismus stemmen, indem sie die Fahnen ihrer kleinen Einzelhandelsgeschäfte hochhalten, während nur wenig entfernt ein scheinbar übermächtiger Gegner die KundInnen abwirbt (Seite 8). Wir erfuhren, wie wichtig Disziplin und Tugend sein können, wenn man vorhatt, eine Kampfkunst zu erlernen (Seite 14), und wagten uns für unsere Bildstrecke in die eingestaubten Relikte längst vergangener, feuchtfröhlicher Zeiten (Seite 16). Beeindruckt haben uns auch die Männer und Frauen der …

#71 HOCHSCHULRING

EDITORIAL: Freiheit und Zwang Einerseits ist es für ein Magazin wie das unsere ja naheliegend, mal ein Heft zu machen, das an der Universität spielt – schließlich sind wir ja nicht zuletzt ein Lernprojekt für Studierende. Andererseits, so ganz unter uns: Was gibt es eigentlich vom Hochschulring zu erzählen? Sind da nicht vor allem rechteckige Bürokästen mit Computerarbeitsplätzen drin? Well: Ja, aber. Denn natürlich gibt es auch in solchen Büros interessante Geschichten zu entdecken, zum Beispiel, weil hier das Zuhause der Zukunft erforscht wird, aus dem Ihnen ab Seite 20 erzählen. Und manchmal ist an solchen Orten sogar Platz für die Liebe, zum Beispiel im Fallturm, in den man seit einiger Zeit auch heiraten kann (Seite 12). Abgesehen davon arbeiten hier natürlich nicht nur irgendwelche WissenschaftlerInnen, sondern auch ganz andere Menschen – ein paar von ihnen haben wir an ihrem Arbeitsplatz besucht, wie sie ab Seite 16 sehen können. Auch Lucina Wojtkowiak, die Sie jetzt schon vom Titelbild kennen, gehört zu ihnen, sie ist Tierpflegerin im Tierheim, wie sie sich vielleicht schon gedacht haben. Bisweilen …

„WIR HABEN IHN ETWAS ZURECHTGESTUTZT“

#67 JUGENDKNAST – Steven ist das, was man gemeinhin einen Intensivtäter nennt. Niemand habe ihn in der Hand, sagt er. Trotzdem war das Gefängnis für ihn die „Rettung“ . Ein Hof im Hof des Gefängnisses, mit Tieren, Nutzpflanzen und Kompost. Drumherum Stacheldraht, Kameras, vergitterte Türen. Junge Straftäter arbeiten hier für ihre Zeit nach der Haft. Auch an sich selbst. So wie der 17-jährige Steven. Hallo Steven, warum bist du hier im Gefängnis? Ich sitze hier in Bremen gerade meine letzten drei Monate ab. Zwei Jahre und acht Monate hatte ich bekommen. Oh, das ist vergleichsweise viel für einen Jugendlichen. Was hast du angestellt? Schwere Räuberische Erpressung – hauptsächlich. Das heißt konkret? Ich habe jemandem eine Waffe vors Gesicht gehalten, damit er uns seine Autoschlüssel gibt. Wir sind dann mit seinem Auto weggefahren. Stundenlang. Du bist 17 jetzt, warst also zur Tatzeit 14 Jahre alt? Gerade 15 geworden. Und dafür bekommt man mehr als zweieinhalb Jahre Jugendhaft? Nun ja, wir haben ihn zusätzlich auch noch etwas zurechtgestutzt. Ich mein, nur weil dir jemand sagt, dass du …

#66 AM DOBBEN

EDITORIAL: Momente des Glücks Die guten, anrührenden Geschichten sind ja eher selten, wenn es um Menschen geht, die auf der Straße leben. Aber es gibt diese Geschichten! Zum Beispiel diese hier, die in der Pappelstraße spielt, der wir vergangenes Jahr auch ein Heft gewidmet haben: Ein Verkäufer der Zeitschrift der Straße „hüpfte“ dort vor dem Supermarkt „fröhlich auf und ab und meinte, er freue sich so sehr“, erzählt uns eine Leserin. „Einen Tag zuvor habe ihn eine Frau angesprochen und nach seiner Schuhgröße gefragt. Gestern sei sie wieder vorbeigekommen und habe ihm einen Schuhkarton mit nagelneuen, warm gefütterten Winterstiefeln überreicht. Zum ersten Mal seit langer Zeit habe er nun richtig warme Füße. Dabei lachte er über das ganze Gesicht.“ Sie sei „ganz beseelt“ gewesen „von dem Gefühl, dass es so viel Mitmenschlichkeit in unserer Stadt gibt“, sagt die Leserin. Wir auch! Damit kommen wir fast nahtlos zu einer Religionsgemeinschaft, die wie diese Ausgabe am Dobben beheimatet ist – die „Christliche Wissenschaft“. Wer auch schon immer mal wissen wollte, wer und was sich dahinter eigentlich verbirgt: …

#65 NIEDERSACHSENDAMM

EDITORIAL: Szenen einer Nachbarschaft Die Frau lächelt mich freundlich an, ich spreche ihre Sprache nicht, und sie nicht die meine. Ihre Worte klingen freundlich, sie bedeutet mir, ein Foto zu machen; vermutlich wohnt sie hier in der Nachbarschaft, am Niedersachsendamm. Sie heißt Suna, schreibt sie mir auf einen Zettel, aber viel mehr erfahre ich nicht, eh sie weiter geht, immer noch mit einem Lächeln. Nachbarschaft war auch das Thema eines Tanztheater-Projekts in der Schwankhalle, an dessen Entstehung die Zeitschrift der Straße ein wenig beteiligt war – mit einem Coaching der NachwuchskünstlerInnen, die für ihr Inszenierung unter anderem in Huckelriede recherchiert haben. Den Text dazu finden Sie ab Seite 20. Auch Wolfgang Fischer kann viel über den Niedersachsendamm erzählen – seinen Kiosk dort betreibt er schon seit 1988. Wir haben uns lange mit ihm unterhalten (Seite 8). Farhan Hebbo dagegen ist noch nicht so lange da – der Poet, der einst aus Syrien flüchten musste, zog 2015 in das Containerdorf am Ende der Straße. Und seine Gedichte liest er auch am Niedersachsendamm (Seite 24). Ein paar …