Ausgabe

#49 REMBERTIRING

EDITORIAL: GANZ HARTES PFLASTER

Ertappen Sie sich auch manchmal dabei, dass Sie denken: Früher war vieles besser? Wem solche Gedanken, wie uns, nicht fremd, aber etwas peinlich sind, dem sei ein Spaziergang am Rembertiring empfohlen. Sofort wird man wieder klar im Kopf. Hätten sich die Stadt- und Verkehrsplaner von früher durchgesetzt, sähe es heute in halb Bremen aus wie hier: Schneisen automobiler Verwüstung, vom Viertel über die Werderinsel bis in die Neustadt. Ein unwirtlicher Ort, dieser Rembertiring, da helfen auch der Rasen und die paar Bäume nichts, die man in den Kreisel gepflanzt hat.

Einige Menschen aber, die vor dem Nichts stehen, finden gerade hier Unterschlupf: In der Notunterkunft der Inneren Mission beispielsweise, wo wohnungslose Männer ein Zimmer beziehen und so in Ruhe und Würde leben zu können. Für gewisse Zeit nur, aber immerhin (Seite 8). Oder im Haus Fedelhören, wo 20 aus der Haft entlassene Männer in Wohngemeinschaften leben und einen neuen Start ins Leben versuchen (Seite 24). Wer mit diesen Menschen spricht, erfährt viel über die dunklen Seiten des Lebens.

Wobei es am Rembertiring, wenn man ganz genau guckt, auch Schönes zu entdecken gibt: Unsere Fotostrecke eröffnet neue Perspektiven (Seite 16), und wem das noch nicht reicht, kann ja mal eben durch die schmucken Torbögen in den Garten des Rembertistifts spazieren. Die plötzliche Ruhe ist faszinierend! Hier, in Bremens ältester sozialer Siedlung, wohnt eine bunte Mischung älterer und jung gebliebener Frauen und Männer, in wunderschönen Wohnungen zu erstaunlich günstigen Mieten. Da möchte man später glatt mal einziehen (Seite 12).

Ach ja: Dass die Mozarttrasse bis auf den kleinen Teil Rembertiring damals doch nicht gebaut wurde, lag am Protest der Wutbürger. Zumindest diese waren früher besser als heute (Seite 7).

Viel Vergnügen beim Lesen wünschen Philipp Jarke, Jan Zier
und das ganze Team der Zeitschrift der Straße

 

Aus dem Inhalt:

08    Die Mauern des Herrn Meyer

In der Notunterkunft können Bedürftige zeitweise wohnen. Günter Meyer wohnt nun bald ein Jahr hier

12    Lange Geschichte, kleines Glück

Im Rembertistift kann auch wohnen, wer nur wenig Rente bekommt

16    Die Schönheit des Rembertirings

Fotostrecke

22    Staub im Schlumpf

In der Michaelkirche pflegt man einen naiven Umgang mit Steiners rassistischem Erbe

24    Raus aus der Spirale

20 Exhäftlinge unter einem Dach. Der Versuch eines Neuanfangs

28    „Eine coole Challenge“ (online lesen)

Das Café Papagei hat einen neuen Chefkoch

 

Hintergrundfoto: koeb/flickr.com