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#120 FINDORFFSTRASSE

EDITORIAL: Bremer Straße mit drei F

Liebe Leser:innen,

da haben wir es auf dem Weg in unsere kleine Sommerpause doch noch wieder ins Zentrum geschafft – und diesmal wirklich so mittenrein. Die Findorffstraße liegt nahe dem Hauptbahnhof und begrenzt Bürgerweide, Messegelände und (für die meisten vielleicht am interessantesten) das Freimarktareal im Nordwesten. Als Tunnel verbindet die Straße zudem zwei sehr unterschiedliche Vorstellungen der Mitte Bremens: die nördlich und die südlich der Gleise nämlich.

Eine reine Durchfahrtsstraße ist die Findorffstraße darum aber nicht. Das Kulturzentrum Schlachthof, dem wir hier gleich zwei Texte gewidmet haben, ist vielmehr ein Ziel für inzwischen mehrere Generationen von KonzertgängerInnen. Wir werfen einen Blick auf die Geschichte des Kulturzentrums (Seite 22) und lernen das neue Bookingteam kennen, das im April seinen Dienst aufgenommen hat (Seite 24). Eine kulturelle Adresse ganz anderer Art ist das Bremer Rundfunkmuseum, dem wir ebenfalls einen Besuch abgestattet haben (Seite 28).

Dass es auch an der weithin bekannten Findorffstraße noch Geheimnisse zu entdecken gibt, haben wir im Tunnel gelernt, wo plötzlich scheinbar im Nichts Unmengen angeschlossener Fahrräder zu sehen sind. Und die Geschichte wird nicht weniger rätselhaft, wenn man daneben erst die hinter Dreck und Graffiti versteckte Tür in der Tunnelwand entdeckt hat (Seite 12). Wir hoffen, Sie haben Ihre Freude mit diesen und anderen Geschichten aus dem Zentrum Bremens – und verabschieden uns bis zur Oktoberausgabe, für die unser Seminar der Uni Bremen gerade an der Contrescarpe herumschleicht. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Zukunft im Angebot
In den Bremer Messehallen informieren sich junge Menschen über die Arbeitswelt

12 Von Findorff nach Narnia
Ein Hauch von Anderswelt im Findorff-Tunnel

14 Auf Rollen zum Himmel
Bildstrecke

20 Der Markt regelt
Flohmärkte zwischen Wunderwelten und Schrottplatz

22 Kulturort mit Geschichte
Der Bremer Schlachthof hat eine lange und widersprüchliche Geschichte

24 … und weiter?
Die neuen Booker*innen des Schlachthofs stellen sich vor

28 Antennen für Geschichte
Ein Besuch im Bremer Rundfunkmuseum

Ab 5. August 2024 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#118 TEERHOF

EDITORIAL: Reif für die Insel

Liebe Leser:innen,

Bremen ist eine Stadt am Wasser, das wissen Sie natürlich. Aber während etwa in unserer letzten Ausgabe über die Flughafenallee davon nur wenig zu mer­ken war, gilt es für diese hier umso mehr. Der Teerhof, die kleine Halb­insel zwischen Schlachte und Neustadt, ist wahrscheinlich das wässrigste Quartier der Stadt. Als spitzes Ende des Stadtwerdersliegt die Straße sozusagen mitten in der Weser, oder genauer gesagt: zwischen dem Fluss und seinem Nebenarm.

Besonders viel zu sehen ist davon allerdings nicht, wenn man erst mal da ist. Links wie rechts ist die Straße von mehrstöckigen Häusern gesäumt und macht eher den Eindruck eines lang gezogenen Innenhofs. „Wie eine Burg“, hatten sich gleich mehrere unserer Redakteur:innen beim ersten Besuch notiert. Und tatsächlich: Diese Erfahrung der Abschottung ist uns auch über die ganze Recherche hinweg erhalten geblieben. Während wir direkt vorn an der Bürgermeister-Smidt-Brücke sowohl das Kunstmuseen Weserburg (Seite 8) als auch die benachbarte Gesellschaft für Aktuelle Kunst (Seite 20) sehr ergiebige Einblicke in zeit­genöss­ische Malerei und Installation gewinnen konnten, ist uns der hintere Teil der Straße weitgehend verschlossen geblie­ben. Was nicht heißt, dass wir nichts zu erzählen hätten. Im Gegenteil: Fragend und beobachtend haben wir uns etwa in unserer Bildstrecke mit dem Lebensraum Teerhof beschäftigt (Seite 16). Und mit dem hier ansässigen Lan­des­behindertenbeauftragten Arne Frankenstein haben wir uns zum Interview getroffen (Seite 12).

Wir haben jedenfalls viel gelernt auf dem Teerhof und hoffen, dass Sie am Ergeb­nis mindestens so viel Freude haben wie wir beim Schreiben und Foto­gra­fieren. Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Kunst am Ufer gegnüber
Ein Besuch in der Weserburg

12 „Ich möchte gar nicht gerne über Grenzen sprechen
Ein Gespräch über die Rechte von Menschen mit Behinderung

16 Irgendwo dazwischen
Bildstrecke

20 „Ich stehe auch regelmäßig etwas verloren vor zeitgenössischen Kunstwerken“
Im Gespräch über Kunst und Vermittlung

24 Tresengespräche
Neuanfang für das selbstverwaltete Kulturzentrum Irgendwo

28 „Man braucht ein bisschen Geduld“
Verkäuferporträt

Ab 3. Juni 2024 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#117 FLUGHAFENALLEE

EDITORIAL: Ein Flug nach Irgendwo

Liebe Leser:innen,

diese Ausgabe fing schon bei der Planung zünftig an: Zur Redaktionskonferenz kam eine unserer Autor:innen zu unserer Überraschung mit einem großen Rollkoffer. Sie wollte ihn eigentlich vorher schnell zur Reparatur bringen – ein Rad war kaputt –, allerdings sind Ersatzteile für ältere Koffer schwer zu bekommen und sie verließ das Geschäft unverrichteter Dinge mit nach wie vor kaputter Rolle. Als unfreiwilliges Accessoire unserer Planungsrunde sorgte das Gepäckstück gleich für Reisefieber. Und das passt ja auch: Denn wer zur Flughafenallee fährt, zieht meistens ebenfalls einen Koffer hinter sich her. Und selbst wenn eine Rolle kaputt ist und Ziehen nicht geht: Lange Strecken tragen muss man ihn auf dem Weg zum Airport sowieso nicht. Das liegt auch an der Straßenbahn, mit der man so bequem wie wohl kaum irgendwo sonst in nur wenigen Minuten vom Stadtzentrum zum Flughafen kommt. Was eine BSAG Fahrerin so erlebt, die täglich zwischen Uni und Flughafen pendelt und an der Wendeschleife nur knappe sechs Minuten Pause hat, haben wir sie während einer Fahrt zum Airport gefragt (S. 8).

Nicht Straßenbahnen, sondern Flugzeuge steuerte einst die Luftfahrt-Pionierin Hanna Kunath. „In die Luft wollte ich auf jeden Fall“, sagte die erste Bremer Pilotin, nach der eine Querstraße der Flughafenallee benannt ist und die wir in einem Porträt würdigen (S. 20). Vom Ankommen handelt unsere Bildstrecke: Flughäfen sind oft pulsierende Orte, in Bremen aber bleibt auch hier der Hanseatenpuls niedrig: hier geht es um die Essenz des Reisens ohne viel Bling-Bling (S. 14). „Es fährt ein Zug nach Nirgendwo“, sang Christian Anders schon 1972. Nicht Nirgendwo, sondern Irgendwo heißt das selbstverwaltete Kulturzentrum ganz in der Nähe des Flughafens, das sich nach bewegten Jahren nun neu erfindet (S. 22). So viel sei schon verraten: Konzerte von Christian Anders sind nicht geplant. Eine spannende Lektüre wünschen Ihnen wie immer

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Dorf mit Straßenbahn und Flughafen
Straßenbahnfahrerin Halime bringt uns in nur 16 Minuten zum Airport

10 Bremen hebt ab!
Was Sie schon immer über die Reiseziele im Sommerflugplan wissen wollten, aber sich nicht zu fragen trauten

14 Vom Ankommen und Weiterreisen
Bildstrecke

20 „In die Luft wollte ich auf jeden Fall“
Hanna Kunath war die erste Bremer Pilotin

22 Ein Club im Grünen
Neuanfang für das selbstverwaltete Kulturzentrum Irgendwo

26 Auch ohne Absturz viel zu tun
Wenn’s richtig schiefgeht, kommt die Flughafenfeuerwehr

28 „Einen kleinen Teil dazu beitragen“
Layouterporträt

Ab 6. Mai 2024 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

WIR STELLEN UNS NEU AUF UND VERÄNDERN UNSERE VERTRIEBSSTRUKTUREN

Neue Ausweise

Auf Bremens feuchten Herbststraßen verändert sich etwas in diesen ersten November­tagen – die Zeitschrift der Straße ändert ihre Vertriebs­stuk­turen und ihr Regelwerk. Unsere Verkaufs­personen erhalten einen neuen Verkaufs­aufsweis. Dieser ist mit einem Foto versehen, zeitlich befristet und u. a. durch ein Originalsiegel und einen QR-Code erheblich fälschungssicherer als die vorherige Version. Auf der Karte finden Sie auch die Verkäufernummer und die Gültigkeitsdauer.

So sieht der neue Verkaufsausweis aus

Feste Verkaufsplätze

Seit dem 6. November 2023, mit Erscheinen der neuen Ausgabe stehen unsere Verkäufer:innen außerdem an festen Plätzen. Weil wir nicht wollen, dass sich unsere Verkäufer:innen aufdringlich verhalten, ist es schon lange verboten, die Zeitschrift der Straße im Gehen zu verkaufen. Wir entwickeln die Zeitschrift in engem Austausch mit anderen deutschen Straßenzeitungen. Im Gespräch mit den Kolleg:innen mussten wir feststellen, dass wir mit der freien Platzwahl die absolute Ausnahme waren. Vom festen Verkaufsplatz versprechen wir uns größere Verläss­lichkeit, ein stabileres soziales Umfeld für die Verkaufenden und bessere Möglich­keit, sie aufzusuchen, wenn es Probleme gibt. Alle Verkäufer:innen haben einen festen Platz, der übrigens ebenfalls auf dem Ausweis vermerkt ist. Wir werden das zeitnah auch um eine digitale Standortkarte ergänzen.

Ihre Mithilfe

Sollten Sie zukünftig noch Menschen mit alten Ausweisen antreffen, sagen Sie uns bitte unbedingt Bescheid. Es liegt auch im Interesse der ehrlichen Verkäufer:innen, solche Probleme umgehend zu lösen. Denn immerhin fallen die Störungen durch Einzelne über kurz oder lang auf alle anderen zurück – und belasten so das ganze Projekt. Auch wenn unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen regelmäßig in der Stadt unterwegs sind, können wir nicht immer und überall vor Ort sein. Zögern Sie nicht, uns anzusprechen, wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Verkaufs­personen haben – oder bei Fragen zu unserem Regelwerk. Sie erreichen uns in solchen Fällen telefonisch unter 0421 17 52 16 27 oder per E-Mail an: zeitschrift@inneremission-bremen.de

„KAFFEE? MILCH? ZUCKER?“

#50 DIE STRASSE. Eine Runde durch die Bahnhofsvorstadt mit [Martin], der durch einen Ein-Euro-Job zum Streetworker wurde

Der letzte Dienstag im Mai 2017, ein sonniger Morgen. Menschen hasten auf dem Vorplatz des Bremer Hauptbahnhofs zur Arbeit. Mitten unter ihnen ist [Martin], 44. Sein Gang ist fest, aber nicht überaus schnell. Sowieso ist er etwas ruhiger und in sich gekehrt. Alleinunterhalter wird er in diesem Leben nicht mehr, das steht fest.

Sein Ziel ist das Café Papagei, unweit der Bremer Discomeile. Kurz nach neun Uhr steht er an der Theke und bestellt wie jeden Tag eine kleine Cola.

Danach ein kurzer Schnack mit Gästen des Cafés und seinen Kollegen [Jörg] und [Jonas]. Dabei dreht er sich eine Zigarette. [Martin] erfährt, dass er heute allein „seine Runde machen“ muss. Er gehört seit zehn Monaten zum Team der Streetworker der Inneren Mission. Als Ein-Euro-Jobber ist er, wie schon sein Kollege [Jörg], zum Team gestoßen.

Um halb zehn wird er unruhig, sein Dienst auf dem Bahnhofsvorplatz beginnt. Er stopft vier Thermoskannen Kaffee in den Rucksack. Kurze Kontrolle, ob er auch an alles gedacht hat, dann macht er sich auf den Weg. Sein erster Kunde lässt nicht allzu lange auf sich warten, [Martin] schenkt den ersten Kaffee aus. Da [Martin] bis vor ein paar Monaten sehr zurückgezogen gelebt hatte, musste er erst lernen, wie man sich auf der Straße verhält. Vor dem Hauptbahnhof wird er das erste Mal von einem Mann erkannt, der auf der Straße lebt. Bei einem kurzen Plausch werden die Neuigkeiten des Tages ausgetauscht: Ein Obdachloser ist am Vorabend ins Krankenhaus gekommen. [Martin] kennt ihn, er fragt: „Was ist mit seinem Hund?“ „Der ist bei einer Freundin“, die Antwort beruhigt ihn. [Martin] hat selbst einen Hund: Spike, ein Husky.

Auf dem Weg durch den Bahnhof zur Bürgerweide geht [Martin] das Schicksal des Obdachlosen nicht aus dem Kopf. Vermutlich muss er das Krankenhaus nach drei Tagen schon wieder verlassen:

„Der ist nämlich nicht krankenversichert. Dann werden die ihn nicht so lange dabehalten. Ich denke ja manchmal, mir geht es beschissen, aber wenn ich das hier dann alles sehe … Auch wenn ich so meine Probleme habe, dagegen geht es mir richtig gut.“ Auf der Straße gelebt hat er nie, aber durch Schicksalsschläge vor vielen Jahren ist sein Leben nicht gerade ideal verlaufen. „Zwar habe ich keinen Job gelernt, aber damals immer gearbeitet. Gabelstapler bin ich viel gefahren und im Lager habe ich gearbeitet, hatte ein Auto und alles!“ Genauer möchte [Martin] seine Geschichte nicht erzählen.

Auf der Bürgerweide angekommen, schallt es ihm aus einer kleinen Gruppe schon entgegen: „Moin Maddin! Wie immer, pünktlich auf die Minute, da kannst du die Uhr nach stellen.“ Die sechs Männer sind fast immer hier, sie fiebern dem kostenlosen Kaffee entgegen. Martins erste Thermoskanne ist leer, und etwa zehn Minuten später geht es weiter durch den Nelson-Mandela-Park. Eigentlich wollte [Martin] den Job gar nicht. „Aber Jonas (Streetworker der Inneren Mission, Anmerkung der Redaktion) hat immer genervt, und irgendwann habe ich dann zugestimmt. Der Job gibt meinem Tag Struktur und ich habe was zu tun.“ [Martins] Job umfasst die tägliche „Kaffeerunde“ und Helfertätigkeiten. Aber er ist auch nicht selten erste Anlaufstelle bei Problemen, gerade wenn er wie heute allein und nicht mit [Jonas] unterwegs ist.

Im Park ist nicht viel los. Beim Elefanten sitzen zwei Frauen auf einer Parkbank. Die jüngere der beiden ist von zu Hause ausgerissen.

Einen Kaffee möchten sie nicht, aber einen Rat: „Mit meinem Vater gibt es Stress zu Hause und ich will nicht wieder dahin zurück. Wo kann ich mich melden, wer kann mir helfen?“ „In deiner Situation: Geh mal am Besten ins Café Papagei. Da sind Menschen, die dir helfen können, die haben Ahnung.“

[Martin] ist nun eine Stunde unterwegs und gönnt sich eine Zigarette auf einer der Bänke. Eine kurze Pause. Danach geht es durch den Bahnhof zurück in die Stadt. Auf den Wegen in der Bahnhofsvorstadt leert sich die zweite Kanne. Auch in den Wallanlagen wird er schon erwartet. Die Gespräche an den Treffpunkten scheinen sich zu wiederholen, so wie die immer gleichen Fragen:

„Kaffee? Milch? Zucker?“ [Martin] ist einfach kein Mann der vielen Worte und eigentlich kennt er die Gewohnheiten seiner Stammkunden. „Schwarz wie die Nacht, schwarz wie meine Seele! Das weißt du doch, Maddin!“, sagt ein komplett schwarz gekleideter Mann nahe der Mühle.

Die anschließende Runde durch die Sögestraße, über den Domshof und zurück durch die Obernstraße ist heute schnell erledigt. Es ist wenig los, und inzwischen ist es warm geworden. Die letzte Kanne ist fast leer.

[Martin] wohnt in Gröpelingen und wenn er heute Abend zu seinem Hund nach Hause kommt, beginnt die andere Hälfte seines Alltages. Die ruhigen Abende und Wochenenden verbringt er dann mit Spike. Seine Fotos haben deshalb nichts mit seinem Job als Streetworker zu tun. „Ich liebe Schiffe, den Hafen, das Maritime. Meine Mutter war lange mit einem Seemann liiert, daher kommt das wohl.“ Angeln gehört dabei zu seinen liebsten Hobbys, stundenlang gibt er dann keinen Ton von sich. Denn eigentlich ist er ja nicht gerne unter Menschen. Trotzdem wird er auch morgen früh wieder pünktlich um neun Uhr seine Cola im Café Papagei bestellen.

Text: Sebastian Voss
ist derzeit selbst von Wohnungslosigkeit betroffen und hält den „Fidget Spinner“ für eine der wichtigsten Erfindungen der Menschheit

Fotos: Martin
ursprünglich veröffentlicht im
Juli 2017

EIN SCHNACK MIT ALEXANDER

#33 FALKENSTRASSE. Eine Einladung führte ihn nach Bremen, wo er seit acht Jahren auf der Straße lebt

Wie man leicht hören kann, komme ich aus dem Rheinland, genauer gesagt aus Köln. Dort habe ich die ersten 25 Jahre meines Lebens gelebt. „Gewohnt“ kann man nicht unbedingt sagen, denn seit meinem 17. Lebensjahr lebe ich auf der Straße.

Damals bin ich bei meiner Mutter rausgeflogen, wir hatten uns ständig in den Haaren wegen des Kiffens und des Alkohols. Irgendwann hat es geknallt und ich stand auf der Straße. Zu meinem Vater konnte ich nicht, den hatte ich nie kennengelernt. Also bin ich umhergezogen, habe im ständigen Wechsel bei Freunden gewohnt oder eben auf der Straße gelebt.

Nach der Sonderschule habe ich eine Lehre als Maler und Lackierer angefangen.

Nach eineinhalb Jahren habe ich aber abgebrochen und mich stattdessen mit Gelegenheitsjobs über Wasser gehalten. Als meine Alkoholprobleme immer heftiger wurden, habe ich eine Therapie gemacht und auch durchgezogen. Danach bin ich weg aus Köln, ich brauchte dringend einen Tapetenwechsel.

Nach Bremen kam ich dann aus Zufall, ich war zu einer Party eingeladen und bin einfach hiergeblieben. Wobei mir gleich zu Beginn mein Hund gestohlen wurde:

Dolly, ein Mischling aus Bordercollie und Berner Sennenhund. Ich habe am Bahnhof auf der Straße übernachtet, und während ich schlief, muss jemand Dolly einfach mitgenommen haben. Dolly war erst sechs Monate alt, ich hatte sie von klein auf. Keine Ahnung, wo sie jetzt steckt. Aber abgesehen davon gefällt mir Bremen wirklich gut, die Leute sind sehr umgänglich und entspannt. Gerade die Polizisten, mit denen wir es auf der Straße häufig mal zu tun bekommen, sind sehr freundlich. Da habe ich damals in Köln ganz andere Erfahrungen gemacht.

Meine Mutter ist vor zehn Jahren leider gestorben, und zu meinem jüngeren Bruder habe ich den Kontakt abgebrochen. Wir waren völlig zerstritten. Was bleibt, ist meine Straßenfamilie, Kumpels, die wie ich ohne feste Bleibe sind.

Bei der Zeitschrift der Straße bin ich fast von Anfang an, seit der zweiten Ausgabe.

Ich hatte damals einen Stammplatz am Bahnhof, aber seit dort so viele andere Verkäufer stehen, laufe ich lieber jeden Tag quer durch die Innenstadt und biete die Hefte Passanten an. Das läuft vor allem im Sommerhalbjahr sehr gut, wenn viele Menschen draußen im Café sitzen. Auf meiner üblichen Tour laufe ich von der Neustadt zur Domsheide, durchs Viertel zum Hauptbahnhof und dann durch die Altstadt wieder zurück in die Neustadt, wo ich derzeit auch auf der Straße übernachte.

Wie viele Kilometer ich pro Tag abreiße, weiß ich nicht, aber alle zwei Monate sind meine Schuhe völlig durchgetreten und ich brauche neue. Ab November habe ich ein WG-Zimmer in Gröpelingen, noch rechtzeitig vor dem Winter. Dann möchte ich auch wieder anfangen zu arbeiten, bei einer Zeitarbeitsfirma vielleicht oder als Lagerist.

Protokoll und Foto:
Philipp Jarke

ursprünglich veröffentlicht im
November 2015

„DAS EINZIGE WAS MICH HIER HÄLT,
IST DIE ERDANZIEHUNGSKRAFT“

#111 SCHARNHORST­STRASSE. Kurz nach seinem 50. Geburtstag betrachtet unser Verkäufer Marco sein Leben. Er hat noch viel vor in den nächsten Jahren

Es ist ein regnerischer Samstagvormittag in der Findorffer Hemmstraße, eine von Marcos vielen Heimaten. Wir flüchten erst mal ins Trockene. Mit Blick auf die Martin-Luther-Kirche beginnt er über eine heiße Schokolade hinweg zu erzählen. Auf seine Geburt in Wittenberg folgt eine Kindheit im Berliner Osten: Endstation S1, Oranienburg.

Diese Zeit prägt ihn, das Leben in der DDR fühlt sich nach Gefangenschaft an. Es hat zwar alles seine Ordnung, aber Marco will wissen, was hinter der Mauer passiert. Im Geografieunterricht der fünften Klasse wird ihm eine Weltkarte gezeigt. Er bereist Hauptstädte mit dem Finger, die für ihn nur Punkte hinter der Grenze sind, welche nicht zu überwinden scheinen.

Dann endlich Neuland. Kurz vor dem Mauerfall flieht die Familie per Trabant über Österreich und Ungarn schließlich nach Bremen. Damals ist Marco 17. Sein Berlinern wird schnell zum „sauberen Bremer Hochdeutsch“, Marco kommt an, aber irgendwie doch nie so ganz.

Nach dem Abitur überwältigt ihn das Lebensgefühl Post-Mauerfall: Freiheit, Grenzenlosigkeit, jung sein. Träume von Journalismus und Meeresbiologie münden in einer abgebrochenen Ausbildung. Wurzeln schlagen fällt ihm schwer, die Welt ist groß und Marco will sie sehen, nicht hier und jetzt Entscheidungen fällen, die seine Zukunft betreffen. Er lebt von Konzert zu Konzert, denkt von Winter zu Winter.

Er macht zahllose Jobs, von Gartenbau bis Sporthalle, aber nie länger als elf Monate, dann ist genug gespart, um den erstbesten Last-Minute-Urlaub zu buchen. Hauptsache, Welt reinlassen.

Marco will auf seinen Reisen die echten Menschen treffen, abseits vom Tourismus, will verstehen, wie die Gesellschaft, der Mensch funktionieren. In seinem Rhythmus zwischen Reisen und Fürs-Reisen-Arbeiten zieht es ihn nach Frankreich, Spanien, England und die Türkei. Es sind flüchtige Momente: Am zweiten Januar verkatert Schlange stehen für zwei Minuten Augenkontakt mit Mona Lisa oder den Grundstein der Sagrada Família berühren und zu fühlen, wie viel Geschichte der schon mitgemacht hat.

Marco wirkt ruhig in der Unruhe, hibbelig lebensfroh und interessiert. „Das Einzige, was mich hier hält, ist die Erdanziehungskraft“, sagt er. Manchmal beneidet er Menschen um eine Heimat, die sie schon immer hatten und immer haben werden. Für ihn ist Heimat schon lange kein Ort mehr, den hatte er nie wirklich.

Heimat sei da, „wo die Menschen sich freuen, mich zu sehen, und beim Abschied schon ans nächste Wiedersehen denken.

Heute, kurz nach seinem 50. Geburtstag, blickt er zurück und zieht Bilanz: Ihm gefällt sein Leben und er bleibt seiner Einstellung treu, aber die Flucht vor dem Ankommen, die Sehnsucht nach Ungebundenheit bleiben Dilemma und Überzeugung gleichzeitig. Frau und Kinder hätten ihm Grund gegeben, Wurzeln zu schlagen.

Die letzte gescheiterte Beziehung führte ihn in die Obdachlosigkeit. Da hat er es rausgeschafft, hat mittlerweile wieder ein Dach über dem Kopf, lebt und spart durch Zeitschriftenverkauf.

Ist er nur für sich selbst verantwortlich, fehlt ihm die Notwendigkeit, sich festzulegen. Und obwohl es klingt, als sei Bremen doch auch irgendwie eine Heimat geworden, schmiedet er fleißig Pläne für die Zukunft. Irgendwann mal zurück auf Anfang nach Wittenberg wäre cool, auch England und Irland stehen ganz oben auf der Liste. Diesen Winter aber erst mal: den Jakobsweg bis nach Santiago de Compostela wandern, für die richtige Pilgerausrüstung wird schon gespart.

Text: Pia Lehnert
studiert Philosophie und Kulturwissenschaften an der Universität Bremen. In Marcos Geschichte hat sie sich teilweise selbst wiedererkannt.

Original Foto: Wolfgang Everding
hat es gefallen, dass Marco die Gehwegplatten seines täglichen „Arbeitsumfeldes“ mit künstlerischen Zeichnungen und Malerei interessant gestaltet hat.

#119 ALTE HAFENSTRASSE

EDITORIAL: Klein und allein

Liebe Leser:innen,

sie sind klein, allein und tauchen immer mal wieder auf: historische Häuser aus der Alten Hafenstraße in Vegesack. Wir haben uns in dieser Ausgabe einen lang gehegten Wunsch erfüllt, indem wir die Straße – oder jedenfalls Teile davon – auch fotografisch einmal durchs Heft laufen lassen. Wenn Sie durch diese Ausgabe blättern, begegnen sie Ihnen immer mal wieder, die denkmalgeschützten Häuser, versehen mit dem Baujahr. Es ist ein kleines Experiment und – wie wir festgestellt haben – gar nicht so leicht umzusetzen. Denn wie unsere Fotografin Beate C. Köhler, die die Häuser als Miniaturen für Sie eingefangen hat, bemerkte: Ganz so einfach ist das gar nicht, eine ganze Straße abzufotografieren. Immer steht etwas davor: eine Mülltonne, ein geparktes Auto, nur selten trifft man die Häuser pur und in ganzer Schönheit an. Deshalb erheben wir auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, hoffen aber, die Bilder machen Ihnen Appetit auf einen Ortsbesuch mit Wiedererkennungswert.

Was Sie sonst noch zur Vorbereitung Ihres Vegesack-Besuchs wissen müssen, finden Sie natürlich ebenso in dieser Ausgabe. Da wäre zum Beispiel das Overbeck-Museum, dessen Leiterin Katja Pourshirazi uns im Interview verraten hat, was an Torfkanälen heute eigentlich noch spannend ist (S. 18). Spannend ist auch, was Ute Hannemann vom Fecht Club Bremen Nord zu erzählen hat. Denn der Sport ist nicht nur etwas für Rich Kids mit geerbtem Degen, sondern für jedermann – Hauptsache, man ist bereit für Fairness und Respekt (S. 8). Die Bildstrecke wiederum führt uns in den historischen Hafen und dort auf ein altes Löschboot, das nur noch dank ehrenamtlichem Engagement schwimmt (S. 13).
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Von Eleganz und Fairness
Stumpfes Draufhauen gibt es beim Fechten nicht

12 Bildstrecke
Das LÖSCHBOOT 1 im Vegesacker Hafen ist ein Denkmal. Ehrenamtliche halten es über Wasser – und haben viel Spaß dabei

18 Interview
Die Leiterin des Overbeck-Museums, Dr. Katja Pourshirazi, im Gespräch über Ausstellungskonzepte und den Reiz von Torfkanälen

24 Trödel
Der Laden 38 bietet Trödel der ganz besonderen Art. Eine Führung mit dem Junior

28 Porträt
„Wir müssen uns ganz neu erfinden“, sagt Jan-Paul Koopmann. Er leitet gemeinsam mit Karolina Meyer-Schilf die Zeitschrift der Straße

Ab 1. Juli 2024 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#116 STEFFENSWEG

EDITORIAL: Im echten Walle

Liebe Leser:innen,

der letzte Handgriff bei der Herstellung jeder Zeitschrift der Straße ist, das Heft in die Ausgabenliste einzutragen. Das ist so eine Tabelle mit vier Spalten: Heftnummer, Erscheinungstag, Straßenname und – ganz am Ende – Stadt- und Ortsteil, damit wir ein bisschen im Blick behalten, wo wir zum einen gerade erst waren und wo wir zum anderen dringend mal (wieder) hinmüssten. Bei diesem Heft hier war das komisch. Denn einerseits ist unser letzter Besuch in der Gegend noch gar nicht lange her: Die Nordstraße liegt zum Beispiel gleich um die Ecke, und die Konsul-Smidt-Straße ist ja auch gar nicht so lange her. Es fühlte sich aber ganz anders an, denn beim Fußmarsch durch den Steffensweg stellten sich unweigerlich Fragen wie: Sind wir wirklich so nah an der Überseestadt? Ist das alles Walle? Sind wir überhaupt auf demselben Planeten?

Tatsächlich hat der Steffensweg nicht viel gemein mit der blitzblanken Überseestadt ums Eck. Nicht nur, weil viele der hier vorherrschenden 1950er-Jahre-Bauten schon ein bisschen in die Jahre gekommen sind, sondern auch, weil hier – im echten Walle – nicht erst seit ein paar Jahren Menschen leben. Dieses Quartier hat Geschichte, auch wenn das hier besonders starke Bombardement im Zweiten Weltkrieg davon oft nur unscheinbare Spuren hinterlassen hat. So sind wir etwa über das Wirken von Mäzenin Marie Hackfeld gestolpert, die hier einmal ein Bad gestiftet hat (S.14). Außerdem haben wir eines von Bremens letzten Nähmaschinengeschäften besucht (S. 22), wo neben den Geräten selbst auch jede Menge Know-how zu bekommen ist. Etwas ganz Besonderes ist diesmal unsere Bildstrecke (Seite 16), die uns nämlich der Bremer Camera Club spendiert hat, der hier am Steffensweg ansässig ist.

Ganz besonders freuen wir uns auch, unsere lockere Literaturserie fortsetzen zu können, diesmal mit einem Auszug aus Angelika Sinns Buch „Keine Bleibe“ (Seite 26), das in den nächsten Tagen erscheint.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Motivieren, neue Wege zu gehen
Im LoBeZ erhalten Langzeitarbeitslose Hilfe beim Neustart

12 Wo selbst das Neue Tradition hat
Wer wissen will, was in der Stadt los ist, geht zum Friseur. Klar

14 Ein Volksbad für den Steffensweg
Die Mäzenin Marie Hackfeld hat soziale Projekte finanziert

15 Zehn Jahre als Geschenk
Eike arbeitet seit zehn Jahren ehrenamtlich bei uns

16 Aus Walle in die Welt
Bildstrecke

22 Eine schwierige Branche
Ein Geschäft für so viel mehr als nur Nähmaschinen

26 Keine Bleibe
Literaturbeitrag

30 „Dann sind wir alle zusammen“
Verkäuferporträt

Ab dem 2. April 2024 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#115 FISCH

EDITORIAL: Petri Heil!

Liebe Leser:innen,

Fisch ist in Bremen so allgegenwärtig, dass man ihn schon gar nicht mehr wahr­nimmt. Oder geht Ihnen das anders? Wir hatten bei der Planung dieser Ausgabe jedenfalls nur eine vage Vorstellung davon, dass die glupsch­äugigen Wasser­bewohner irgendwie auch identitäts­stiftend für Bremen sein könnten. Es scheint zunächst einmal eher eine Ange­le­genheit der Touris zu sein, ein Fisch­brötchen an der Weser zu mampfen, von „Fischtown“ zu reden – oder beim Fußball einen der ältesten und hartnäckigsten Spottgesänge anzustimmen. Sie wissen schon: „Was ist grün und stinkt nach Fisch?“ Eben.

Und weil wir hier bei der Zeitschrift der Straße sind, sei wenigstens dazugesagt, dass es auch eine ganze Menge fischiger Straßennamen in Bremen und Bremer­haven gibt. Die haben wir zusammengetragen, auch wenn wir bei der Scholle vielleicht ein bisschen gemogelt haben (Seite 6), denn es gibt ja auch die Schollen, die man nur an Land, genauer: auf dem Acker findet. Wir haben uns jedenfalls entschieden, dem Fisch als solchem eine eigene Ausgabe zu widmen, gerade weil er in Bremen so allgegenwärtig und doch sonderbar unsichtbar ist. Die Wirt­schafts­förderung gibt sich zum Beispiel große Mühe, Fisch als Bremer Identi­täts­ding zu exportieren (Seite 24), was schon dem Fast-Food-Hersteller mit dem „Bremer“ nicht so recht gelingen wollte (Seite 12).

Natürlich haben wir aber auch überraschendere Fischfunde (oder -fänge) gemacht: einen Künstler zum Beispiel, der mit totem Fisch druckt (Seite 14), und eine Kirche, deren Grundriss in Form eines Fischs angelegt wurde (Seite 20). Wir sind sicher, auch Sie werden hier Dinge entdecken, mit denen Sie nicht gerechnet haben. Und wer weiß: Vielleicht sehen Sie hinterher nicht nur den Fisch mit anderen Augen, sondern gewinnen vielleicht ja auch eine neue Perspektive auf Bremen. Wir wünschen Ihnen dabei viel Spaß und eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Die Spur der Stinte
Im Frühjahr zieht es den Stint aus dem Atlantik in die Bremer Heimat

12 Undercover-Bulette
Der „Bremer“ ist ein üppig belegtes Fischbrötchen – und eher kein Exportschlager

14 Im Reich der Fische
Bildstrecke

20 Ein Fisch spricht viele Sprachen
Ein Haus kaufen, um es dem Markt zu entziehen

24 Köder für Tourismus
Werbung für Fisch oder für Bremen? Die „Deutsche Fisch-Genuss-Route“ will beides sein

26 Fische, Fußball und ein freches Mundwerk
Lucie Flechtmann war ein Bremer Original

28 Von wegen Nichtstun
Bremen ist in Sachen Angeln eine der liberalsten Städte liberalsten Städte

30 Nils Gerlach
Ein Nachruf

Ab dem 4. März 2024 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#114 FEHRFELD

EDITORIAL: Zurück in die Zukunft

Liebe Leserinnen und Leser,

ja, Sie haben recht, irgendwas ist anders auf dem Titelbild. Und nicht nur dort. Auch im Inneren des Hefts werden Sie ein paar layouterische Neuerungen entdecken, von denen nicht wenige auf Vorschläge aus der LeserInnenschaft zurückgehen. Die kleine Landkarte auf Seite 6 zum Beispiel wurde immer mal wieder an uns herangetragen und soll ab jetzt bei der Orientierung helfen, wo die Zeitschrift der Straße gerade wieder unterwegs war. Aber keine Sorge: Inhaltlich werden Sie alles wiederfinden, was Ihnen an unserem Magazin gefällt – vielleicht sogar ein bisschen mehr davon als üblich, denn tatsächlich hatten wir lange nicht so viele verschiedene Beiträge wie in dieser Ausgabe.

Im Fehrfeld sind wir übrigens nicht zum ersten Mal. Nur hat sich hier seit unserer Ausgabe #15 eine ganze Menge verändert, auch wenn man dafür manchmal etwas genauer hinsehen muss. Den Golden Shop zum Beispiel gab es damals zwar auch schon, nur hat der sympathische Buchladen am Südende der Straße inzwischen gemeinsam mit den Nachbarn das Haus gekauft (Seite 8). Auch das Pizza-Urgestein Corona auf der anderen Seite gibt es noch, nur dass hier inzwischen ein Generationswechsel stattgefunden hat (Seite 8). Und die WirtInnen im Bermuda- Dreieck, denen wir eine Porträtserie widmen (Seite 14), waren beim letzten Heft noch gar nicht alle dabei. Schauen Sie sich gerne noch mal mit uns um, in der berühmt-berüchtigten Viertel-Straße, die so viel mehr zu bieten hat, als ihre überschaubare Größe vermuten lässt.

Und apropos Umschauen: Auch unser Layout-Makeover ist noch längst nicht abgeschlossen. Sagen Sie gerne Bescheid, wenn Sie Ideen haben, Kritik oder sonstige Anmerkungen. Und bis dahin heißt es, wie immer zum Schluss: Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Von null auf 300 in 20 Minuten
Corona Pizza ist eine Institution im Viertel und auch ein Familienbetrieb

12 Von Zwischenräumen
Andersweltliche Hinterhöfe und schleichende Gentrifizierung

14 Die Kneipenflüsterer
Bildstrecke

18 „Stell dir vor, alle Häuser wären so“
Ein Haus kaufen, um es dem Markt zu entziehen

22 Ein Denkmal für das Hier und Jetzt
Ein Mahnmal für Opfer rechter Gewalt führt in virtuelle Welten

26 Dreißig schlimme Menschen …
Literaturbeitrag

30 „Das System zerfällt nach und nach“
Verkäuferporträt

Ab 5. Februar 2024 bei unseren Verkäufer*innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!