Ausgabe

#97 JÜDISCHE GEMEINDE

EDITORIAL: MEHR ALLTAG WAGEN

Liebe Leserinnen und Leser,

Sie haben natürlich recht: Wir haben ein bisschen gemogelt und die jüdische Gemeinde ist in Wirklichkeit gar keine Straße. Dass sie aber ein bisschen so funktioniert, haben wir spätestens bei der Recherche für diese Ausgabe gelernt: Sie ist Lebensraum für eine Gruppe von Menschen, die sie miteinander verbindet. Sie hat ihre Zentren wie etwa die Synagoge, in deren Inneres wir einen neugierigen Blick werfen durften (Seite 14). Sie hat natürlich auch ihre informelleren und alltäglicheren Treffpunkte wie das Bistro Hamitbach, dessen Eigentümerin wir kennengelernt haben (Seite 8). Die Gemeinde hat auch ihre eigenen Verkehrswege und -formen, ihre Regeln, für deren Einhaltung der Rabbiner zuständig ist. Wir wollten wissen, wie so eine „Koscherkontrolle“ abläuft, und haben uns des Nachts mit ihm auf den Weg gemacht (Seite 10). Und natürlich hat auch diese Straße, die keine ist, ihren Anteil an der Stadtgeschichte (Seite 22).

Aber klar: Diese Ähnlichkeiten waren nicht der eigentliche Grund dafür, dass wir uns an eine Zeitschrift der Straße über die jüdische Gemeinde gesetzt haben. Es war vielmehr unsere Neugier auf das Leben hinter den Fassaden – auf ein Stück Bremen, das bald 80 Jahre nach der Shoa noch immer von der Polizei beschützt werden muss. Und auf einen Alltag, den wahnhafte AntisemitInnen unterschiedlichster Couleur partout nicht zur Normalität werden lassen wollen.

Wir sind froh über diesen Einblick in ein gar nicht mal so kleines – und stetig wachsendes – Stück Bremen. Und wir freuen uns, Sie nun daran teilhaben zu lassen. Wir wünschen Ihnen dabei viel Spaß und eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 „Mir ist die Tradition wichtiger als die Einhaltung aller Regeln“

Das Bistro Hamitbach bringt einen Hauch Israel nach Bremen

10 Mission: Bagel (online lesen)

Wir begleiten den Rabbiner auf seiner nächtlichen Koscherkontrolle bei Bäcker Groth im Viertel

14 Hinter verschlossenen Türen

Bildstrecke

20 Purim Sameach!

Purim ist vergleichbar mit Karneval und damit das lustigste Fest des Judentums

22 Grabungen in Bremens Sportgeschichte

Werder-Fans erinnern an die Geschichte jüdischen Sports in Bremen

26 „Ich möchte wieder tanzen“

Unsere Verkäuferin Nicole sagt, ihr helfe die Zeitschrift dabei, ehrlich zu überleben

28 Wir nehmen Abschied

Todesanzeigen

29 Impressum und Vorschau