EDITORIAL: VON BAHNEN UND BURGEN
Wenn Sie schon einmal mit dem Zug nach Bremen gefahren sind, sagen wir, aus Oldenburg, haben Sie sie bestimmt auch schon mal gesehen. Die Obdachlosen, die am alten Bahnsteig des Güterbahnhofs wohnen. Und sich gefragt, wer diese Menschen wohl sind und warum sie ausgerechnet hier wohnen. Wir haben sie besucht und ein paar von ihnen näher kennengelernt, vor allem Wolle, der Ihnen schon auf dem Titelbild begegnet ist. Alles Weitere lesen Sie dann ab Seite 8.
Früher wäre einer wie Wolle noch nebenan im Papageienhaus untergekommen, aber das steht ja jetzt auch schon gut zwei Jahre leer – seit man, nicht zu Unrecht, von der zentralen Unterbringung von suchtkranken und wohnungslosen Menschen abgekommen ist. Was aus dem Haus jetzt wird? Rote und Grüne haben da verschiedene, widerstreitende Ideen (Seite 24).
Eine von ihnen hat mit KünstlerInnen zu tun, naheliegenderweise, denn davon gibt es hier am Güterbahnhof ja eine ganze Menge. Meistens arbeiten sie hier im Verborgenen, in ihren Ateliers, aber ein paar von ihnen durften wir dort besuchen (Seite 14). Und auch Daniel Keßler hat uns zu sich eingeladen – das ist einer von denen, die hier in der Wagenburg „Querlenker“ wohnen (Seite 20).
Vielleicht sind Sie aber auch mit dem Auto gekommen, nicht mit dem Zug, und haben es auf der Suche nach einem günstigen Parkplatz am Güterbahnhof stehen gelassen. Wer ist dieser Mensch, der da immer schon auf Sie wartet und Sie mit einem „Zweifünfzig, bitte“ empfängt? Wir stellen Ihnen Felix Ganser auf Seite 12 vor.
Viel Vergnügen beim Lesen wünschen Jan Zier, Philipp Jarke
und das ganze Team der Zeitschrift der Straße
Aus dem Inhalt:
08 Wolle, Baby und Opa (online lesen)
Wer das Nachtlager der Obdachlosen am Güterbahnhof besucht, trifft auf viele Geschichten
12 Die Geduldsprobe
Als Parkplatzwächter hat man viel Zeit, an anderes zu denken
14 Fenster in eine andere Dimension
Bildstrecke
20 Frei in der Nische
Daniel Keßler wohnt mit seiner Familie in zwei Bauwagen
22 Ein Zuhause auf Rädern
Die Siedlung der Querlenker ist der zweitgrößte Wagenplatz Deutschlands
24 Zwischen zwei Lösungen
Ins Jakobushaus, wo einst Obdachlose wohnten, sollen Azubis einziehen – und KünstlerInnen
28 Obdachlos für einen Tag
Unsere Autorin sammelt Pfandflaschen, bettelt und schläft auf der Straße
Hintergrundfoto: Brandon Giesbrecht/flickr.com