EDITORIAL: Von Ballen und Brunnen
Irgendwas mit Baumwolle sollten wir machen, haben sie uns an der Uni gesagt, genauer: ein Heft, das zu ihrem Schwerpunkt „Global Cotton“ passt. Da ist die Auswahl an Orten, die in Bremen infrage kommen, nicht so groß. Zuerst denkt man vielleicht noch an die Wollkämmerei in Blumenthal – aber die ist ja schon mal mit einer Ausgabe gewürdigt worden; und außerdem ging es da ja vor allem um Schafwolle. Also waren wir mit den StudentInnen unseres Sommersemester-Seminars, meist angehende KulturwissenschaftlerInnen, an der Baumwollbörse.
Dort wollten die einen erst mal Paternoster fahren und mit dem netten Portier quatschen (Seite 8), während andere schon an dem Brunnen vor dem Hause stehen blieben (Seite 10), bei dem es zwar Kunst, aber wieder mal kein Trinkwasser für Obdachlose gibt. Und während sich die Männer für einen echten Detektiv (Seite 22) oder einen durch Burnout geläuterten Manager interessierten (Seite 18), beschäftigten sich die Frauen lieber mit anderen Frauen, beispielsweise mit denen der feministischen Rechten, die sich im Sommer vor der Baumwollbörse regelmäßig zusammenfand (Seite 14). Oder sie machten sich auf die Suche nach der seltenen Spezies der Baumwollhändlerin. Wir haben schließlich doch noch eine gefunden (Seite 26) und ihr auch gleich das Titelbild gewidmet. Soll ja keiner sagen, es ginge nicht auch um „Global Cotton“, in unserem Heft.
Viel Vergnügen beim Lesen wünschen Jan Zier, Philipp Jarke
und das ganze Team der Zeitschrift der Straße
Aus dem Inhalt:
08 „Das ist nicht ganz ungefährlich“
Ein Interview mit Adolf Schlösser, dem Portier der Baumwollbörse
10 Die Wasserwölfe vom Börsenhof
Vor der Baumwollbörse steht ein Brunnen. Trinkwasser gibt es hier nicht. Dabei fehlt es in Bremen genau daran
14 Feminismus von rechts
Wie der Versuch einer Frau scheiterte, mithilfe der AfD einen Aufmarsch für Frauenrechte zu etablieren
18 „Das ändert den Blick auf das Leben“
Ein Gespräch mit Kai Freter, der früher Manager war und heute Burnout-Coach ist
22 Wenn die Paranoia zur Realität wird
Peter Hennemann ist Privatdetektiv. Porträt eines Lebens zwischen Untreue, Verfolungsjagden und Warten
26 Die Frau an seiner Seite
Der Baumwollhandel ist noch immer eine Männerdomäne. Wir haben mal nach Frauen gesucht
29 Ein Happy End, dank Laika (online lesen)
Ein Treffen mit Pauli, einem unserer ersten Verkäufer
Hintergrundfoto: quimby/flickr.com