EDITORIAL: SCHÖNHEIT BESTEHT
Liebe Leser:innen,
so richtig en vogue ist es ja eigentlich nicht mehr, derartig hemmungslos im Jugendstil zu schwelgen. Man kommt so leicht in den Ruch des Bourgeoisen. Dabei ist der Jugendstil eigentlich eine konsumkritische Reformbewegung gewesen, die sich mit ihren verspielten Dekoren gerade gegen die prekär hergestellte Massenware wandte. Nun war Schönheit noch nie eine billige Angelegenheit, das ist der Haken daran. Aber lassen Sie uns unseren Spaß – und haben Sie selbst welchen, während Sie diese Ausgabe durchblättern. Kommen Sie mit in ein liebevoll saniertes Altbremer Haus und erfahren Sie mehr darüber, was eigentlich Denkmalschutz bedeutet: Nämlich nicht nur Lust, sondern durchaus auch Last (S. 8). Eine der schönsten Pointen der Bremer Baugeschichte ist im Übrigen diese: Die Firma J. H. Fuhrken hat nicht nur der Bulthauptstraße einst ihren Stempel aufgedrückt. Die Firma gibt es immer noch: heute spezialisiert auf Altbausanierung. Wir haben die Geschäftsführerin besucht und dabei viel über das Bauhandwerk vergangener Tage gelernt, das es tatsächlich in sich hatte (S. 22).
Wer genug hat von Erkern und Giebeln, dem sei unsere Fotostrecke empfohlen: Denn hier blicken wir von unten auf die Häuser, nämlich aus rund 35 Zentimetern Höhe, um genau zu sein. So groß sind im Schnitt die Hunde dieser Straße, und wir wollten wissen, was sie eigentlich sehen, wenn sie auf dem Weg zum Bürgerpark sind (S. 16).
Von einem ganz besonderen Projekt berichtet uns schließlich Wolfgang Vorwerk: Er hat die Geschichte seines Hauses erforscht und ist dabei auf Aron Aronsohn gestoßen, der bis 1935 dort lebte. Wie aus Verantwortung gemeinsames Gedenken wurde, lesen Sie ab Seite 12.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!
Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße
Aus dem Inhalt:
08 Ein Haus und sein Gesicht
Was Denkmalschutz für die Stadt und ihre Bewohner:innen bedeutet
12 Wunsch und Verantwortung
Eine Anwohner:innen-Initiative erinnert an Aron Aronsohn
16 Laternenpfahl, ganz unten
Wie Hunde die Straße sehen
22 Die halbe Straße (online lesen)
Die Firma J. H. Fuhrken baute die halbe Bulthauptstraße. Jetzt saniert sie Altbauten
28 Servus in der Hansestadt
Unser Verkäufer Alexander stammt aus Bayern und war mal Punker
30 Nachruf
Wir nehmen Abschied von Pauli