EDITORIAL: Aus der Zeit gefallen
Liebe Leserinnen und Leser,
wissen Sie noch, wann Sie zuletzt in der Böttcherstraße waren – und warum? In der Redaktion waren sich die meisten jedenfalls nicht sicher, als wir uns die berühmte Straße vorgenommen hatten. Wahrscheinlich war’s irgendein auswärtiger Besuch, dem man die Stadt zeigen wollte. Oder ein vermutlich vergeblicher Versuch, zwischen Innenstadt und Weser ganz kurz mal eben abzukürzen. Für viele von uns war es jedenfalls wie so oft mit Wahrzeichen: Man guckt sich doch eher die der anderen Städte an als jene vor der eigenen Haustür.
Eine kleine Ausnahme sind freilich die kunstinteressierten BremerInnen, auf die neben der spannenden Architektur auch der Doppelpack aus Paula Modersohn-Becker Museum und dem Ludwig Roselius Museum in der Straße wartet. Für diese Ausgabe haben wir allerdings einen etwas weniger bekannten Kunstort besucht: das Haus der syrischen Kunst nämlich (Seite 20), das erst vor Kurzem eröffnet hat
und seltene Einblick in die junge Kultur eines von Krieg und Despotie zerrütteten Landes bietet. Gesprochen haben wir außerdem mit Sönke Schöttler, der als Gästeführer regelmäßig dienstlich mit der Straße zu tun hat (Seite 12). Von ihm wollten wir unter anderem wissen, wie er mit der NS-Geschichte der Straße umgeht, wenn jemand danach fragt. Bei „Büchlers Beste Bohne“ haben wir viel über Kaffee gelernt (Seite 8) und außerdem die ganz normalen PassantInnen gefragt, was sie eigentlich in die Straße verschlagen hat (Seite 14). Ein Experiment ist der Text „53.075294, 8.806208“ (Seite 25), in dem sich Véra Marie Deubner auf lyrische Weise mit der Straße auseinandersetzt.
Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre!
Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße
Aus dem Inhalt:
08 Volle Dröhnung
Ein Besuch in der Rösterei „Büchlers Beste Bohne“
12 Backstein, Backstein, Backstein
Gästeführer Sönke Schöttler kennt die Böttcherstraße in- und auswendig
14 Bremens Winkelgasse
Bildstrecke
20 Kunst und Krieg
Das Haus der syrischen Kunst stellt KünstlerInnen eines zerrissenen Landes aus
24 53.075294, 8.806208
Eine lyrische Betrachtung der Böttcherstraße
28 „Das macht mich schon auch sauer“
Unser Verkäufer Tom im Gespräch