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#113 RAUSCH

EDITORIAL: Party, Elend und Ekstase

Liebe Leser:innen,

nein, „Rausch“ ist kein Bremer Straßenname. Aber es ist ein Thema, das die Straße betrifft, nicht nur, weil viele unserer Verkäufer:innen Suchterfahrung mit sich herumschleppen. Rausch gehört zum Leben, bei Wohnungslosen nicht mehr oder weniger als bei anderen Menschen. Die jahrzehntealte Debatte um die Drogen­szene am Hauptbahnhof hat in den letzten Monaten mal wieder Fahrt aufge­nom­men, weil die Crack-Welle die ganze Stadt herausfordert: Streetworker:innen, Strafverfolgungs­behörden, die Zeitschrift der Straße – aber auch den meisten von Ihnen, unseren Leser:innen, dürften die Folgen nicht entgangen sein.

Aber ist Rausch gleich Sucht, gleich Elend, gleich Sicherheitsproblem? Ein paar Minuten zu Fuß vom Drogen-Hot-Spot Hauptbahnhof sieht die Sache gleich ganz anders aus: Für die Bars und Kneipen an der Schlachte etwa ist Rausch ein gern gesehenes Phänomen, ein profitabler Wirtschaftszweig und ein beworbener Anziehungspunkt für den Tourismus.

Rausch prägt Straßen und Stadtgesellschaft auf sehr unterschiedliche, manchmal widersprüchliche Weise. Und darum ist er auch ein Thema für die Zeitschrift der Straße. Für diese Themenausgabe haben wir etwa Bremens Cannabis Social Club besucht, einen Vorreiter der laufenden Legalisierung (S. 8). Wir waren bei der Wilden Bühne zu Gast, einem etablierten Theaterensemble aus Menschen mit Suchterfahrung (S. 12). Aber wir haben den Rausch auch da in den Blick genommen, wo er ganz ausdrücklich nichts mit Substanzen zu hat: Bei Ecstatic Dance Bremen tanzen sich Menschen nüchtern in Ekstase (S. 16). Und wir haben Texte vom 1995 verstorbenen Dichter Manny Bröder gelesen, der als Heroin­kon­sument und Künstler einen ganz eigenen Blick auf die Thematik warf (S. 20).

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 „Das wird jetzt definitiv nur eine Legalisierung light“
Cannabis auf dem Weg in die Normalität

12 Die Superkraft Mut
Die Wilde Bühne macht Suchtprävention durch Theater

14 Früher war mehr Lametta
Rauschgoldengel zwischen Kitsch und Wertigkeit

16 Ein High ohne Low
Ecstatic Dance ist rauschhaftes Tanzen ohne Substanzen

20 TREUMERs FOTOs
Rauschhafte Lyrik von Manny Bröder (1951–1995)

24 „Ich wollte die Welt umarmen“
Vom Ausstieg aus der Sucht in ein neues Leben

Ab 4. Dezember 2023 bei unseren Verkaufspersonen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

WIR STELLEN UNS NEU AUF UND VERÄNDERN UNSERE VERTRIEBSSTRUKTUREN

Neue Ausweise

Auf Bremens feuchten Herbststraßen verändert sich etwas in diesen ersten November­tagen – die Zeitschrift der Straße ändert ihre Vertriebs­stuk­turen und ihr Regelwerk. Unsere Verkaufs­personen erhalten einen neuen Verkaufs­aufsweis. Dieser ist mit einem Foto versehen, zeitlich befristet und u. a. durch ein Originalsiegel und einen QR-Code erheblich fälschungssicherer als die vorherige Version. Auf der Karte finden Sie auch die Verkäufernummer und die Gültigkeitsdauer.

So sieht der neue Verkaufsausweis aus

Feste Verkaufsplätze

Seit dem 6. November 2023, mit Erscheinen der neuen Ausgabe stehen unsere Verkäufer:innen außerdem an festen Plätzen. Weil wir nicht wollen, dass sich unsere Verkäufer:innen aufdringlich verhalten, ist es schon lange verboten, die Zeitschrift der Straße im Gehen zu verkaufen. Wir entwickeln die Zeitschrift in engem Austausch mit anderen deutschen Straßenzeitungen. Im Gespräch mit den Kolleg:innen mussten wir feststellen, dass wir mit der freien Platzwahl die absolute Ausnahme waren. Vom festen Verkaufsplatz versprechen wir uns größere Verläss­lichkeit, ein stabileres soziales Umfeld für die Verkaufenden und bessere Möglich­keit, sie aufzusuchen, wenn es Probleme gibt. Alle Verkäufer:innen haben einen festen Platz, der übrigens ebenfalls auf dem Ausweis vermerkt ist. Wir werden das zeitnah auch um eine digitale Standortkarte ergänzen.

Ihre Mithilfe

Sollten Sie zukünftig noch Menschen mit alten Ausweisen antreffen, sagen Sie uns bitte unbedingt Bescheid. Es liegt auch im Interesse der ehrlichen Verkäufer:innen, solche Probleme umgehend zu lösen. Denn immerhin fallen die Störungen durch Einzelne über kurz oder lang auf alle anderen zurück – und belasten so das ganze Projekt. Auch wenn unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter:innen regelmäßig in der Stadt unterwegs sind, können wir nicht immer und überall vor Ort sein. Zögern Sie nicht, uns anzusprechen, wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit von Verkaufs­personen haben – oder bei Fragen zu unserem Regelwerk. Sie erreichen uns in solchen Fällen telefonisch unter 0421 17 52 16 27 oder per E-Mail an: zeitschrift@inneremission-bremen.de

#112 DELFTER STRASSE

EDITORIAL: Schluss mit Endstation

Liebe Leser:innen,

Hand aufs Herz: Wie gut kennen Sie Huchting? Wir bei der Zeitschrift der Straße hatten da bis vor Kurzem jedenfalls noch große Lücken. Okay, wir waren mal im Sodenmatt: Ausgabe 22, die Älteren werden sich erinnern. Dann war lange nichts. Dass der Bremer Südwesten weitgehend ein weißer Fleck auf unserer Landkarte ist, lässt sich zwar nur schwerlich entschuldigen – aber doch immerhin erklären. Huchting ist schon echt weit weg von der Stadtmitte, von unserem persönlichen Umfeld, unseren Verkäufer:innen. Und überhaupt: von Bremen.

Das ändert sich gerade ein wenig und deshalb waren wir auch hier. Weil die Straßenbahn kommt. Der Ausbau der Linien 1 und 8 in Huchting ist beschlossene Sache, Teil des „beschlossenen Handlungskonzepts im aktuellen Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025“, wie das auf Behördendeutsch heißt. Was erst mal gut klingt, bewegt die Huchtinger Gemüter auf sehr unterschiedliche Weise. Viele freuen sich. Manche Zugezogenen der letzten Jahre haben Huchting überhaupt nur in ihre Überlegungen einbezogen, weil diese Anschlüsse kommen. Andere fürchten jahrelange Baustellen und gravierende Eingriffe ins Straßenbild. Wir haben uns in dieser Angelegenheit umgehört (S. 8).

Aber natürlich ist das nicht alles. An der Delfter Straße haben wir uns zwischen gleich drei Schulen umgesehen, eine Schülerfirma besucht (S. 18) und mit der „Linse“ einen spannenden Ort für Kulturveranstaltungen im Grünen kennengelernt (S. 12). Vor allem aber haben wir begriffen, dass Huchting weit mehr zu bieten hat als eine spöttische Zeile in Sven Regeners berühmtem „Delmenhorst“-Song. Sie wissen schon: „Hinter Huchting ist ein Graben …“. Und sind froh, hier gewesen zu sein – und kommen bestimmt nicht erst in 90 Ausgaben wieder her.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Huchtinger Wundertüte
Die Straßenbahn in Huchting wird massiv ausgebaut

12 Hinterhof im Grünen
Eine Konzertbühne im Park für die Nachbarschaft

14 Auf Biegen und Brechen
Bildstrecke

18 Learning by doing
Schüler:innen lernen die Arbeitswelt unter Realbedingungen kennen

22 Gemeinsame Werte
Ein Denkmal für die Freiheit steht am Wegesrand

28 „Das hat mich stärker gemacht“
Unser Verkäufer Mitsch träumt davon, endlich wieder Musik zu machen

Ab 6. November 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#111 SCHARNHORSTSTRASSE

EDITORIAL: Schwachhausen durch die Hintertür

Liebe Leser:innen,

pünktlich zum Herbstanfang ist unsere Sommerpause vorbei und wir melden uns nach zwei Monaten zurück mit einer neuen Ausgabe der Zeitschrift der Straße: einer etwas ungewöhnlichen allerdings, weil die Texte diesmal nicht aus den Händen und Köpfen unserer ehrenamtlichen Redaktion stammen, sondern von Studierenden der Uni Bremen. Die haben sich im vergangenen Semester mit der Scharnhorststraße beschäftigt.

Wir befinden uns also in Schwachhausen, einem Stadtteil, der nicht nur Bremen bekannt ist für prachtvolle Villen in Parknähe oder doch wenigstens aufwendig sanierte Altbremer Häuser: ganz hübsch jedenfalls, in ruhiger Lage – und nicht ganz billig. Tatsächlich ist die Scharnhorststraße auch nicht gerade ein sozialer Brennpunkt. Im Gegenteil scheint hier alles wie im Dornröschenschlaf vor sich hin zu schlummern, was sicher nicht nur an der Verkehrsberuhigung liegt.

Die Scharnhorststraße führt durch eine Wohngegend, der Verkehr fließt wie im Kreis drumherum über Kurfürstenallee, Kirchbachstraße, Schwachhauser Heerstraße und Bürgermeister-Spitta-Allee. Das heißt allerdings nicht, dass in der Straße nichts los wäre.

Wir sind hier etwa auf einen Verein gestoßen, der sich seit gut 40 Jahren um Kinder in Chile kümmert (S. 8) und heute vor einst ungeahnten Problemen steht, weil es dem Land auf dem Papier zu gut geht. Am Ende der Straße haben wir Robert Volk kennengelernt, der hier einen Kiosk betreibt, wie es ihn anderswo kaum noch gibt (S. 12). Und nicht zuletzt haben wir ein ganz neues Wohnprojekt besucht, in dem Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam leben (S. 22), auf hohem finanziellen Niveau, aber eben trotzdem solidarisch.

Wir laden Sie ein, uns nach Schwachhausen zu begleiten, und wünschen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Die vergessenen Kinder
Schon seit 40 Jahren unterstützt ein Bremer Verein chilenische Kinder

12 „Geld ist nicht alles“
Robert Volk betreibt einen der letzten klassischen Kioske in Bremen

16 Was ist ein Buch wert?
Bildstrecke

22 Fäden spinnen
Ein soziales Wohnprojekt ist endlich fertig: teuer, aber solidarisch

28 „Das Einzige, was mich hier hält, ist die Erdanziehungskraft“
Unser Verkäufer Marco hat noch viel vor im Leben

Ab 2. Oktober 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#110 SOMMERDEICH

EDITORIAL: Urbanes Grün

Liebe Leser:innen,

es wirkt ein bisschen unentschlossen, dieses erstaunlich weitläufige Areal hinter dem Weserstadion. Als wüsste der breite Streifen Grün selbst nicht immer ganz genau, was er da zwischen Fluss und Stadt eigentlich sein möchte: Ein Park? Ein Schrebergartengebiet? Oder doch eher Spiel- oder Sportplatz? Bereits der Straßenname auf dem Titel dieser Zeitschrift – Sommerdeich – verrät noch eine weitere Eigenschaft der umliegenden „Pauliner Marsch“. Aus stadtplanerischer Sicht ist sie nämlich zunächst mal vor allem ein Überschwemmungsgebiet.

Was das für die zahlreichen Nutzer:innen des Geländes bedeutet, haben wir uns gefragt (S. 20) und einige davon bei dieser Gelegenheit auch gleich etwas besser kennengelernt. Da wären zum Beispiel die ehemaligen Besetzer:innen des Alten Sportamts, die inzwischen einen Verein gegründet und einen auf Dauer ausgelegten Nutzungsvertrag mit der Stadt ausgehandelt haben (S. 22). Auch mit den jungen Menschen, die das Gelände nachts für Freiluft-Partys nutzen, haben wir gesprochen (S. 12) – und irgendwie erlebt haben wir auch die wohl einzigen richtigen Vollzeitbewohner:innen der Straße: die Esel, Ziegen und Pferde vom Sportgarten (S. 14).

Insgesamt haben wir eine spannende Gegend kennengelernt, die uns als stille, grüne Oase im Stadtraum entgegenkam – und sich bald als aktiver bis aktivistischer Schauplatz von Jugendkultur entpuppen sollte. Und wo in Bremen hat man das sonst schon mal am selben Ort? Wir laden Sie ein zu einem Perspektivwechsel, zu einem neuen Blick auf die Natur in der Stadt und auf die Menschen, die damit etwas anzufangen wissen.

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Die Welt ein bisschen bunter
Graffiti ist längst etablierte Kunst. Bremen hängt etwas hinterher

12 Lila Wolken am Hundestrand
Raves sind harte Arbeit, mindestens für die Organisator:innen

14 Beste Freunde
Bildstrecke

20 Land unter
Der Sommerdeich heißt nicht aus Jux so. Hier droht wirklich Hochwasser

22 Gekommen, um zu bleiben
Wie eine Besetzung zur Vertragspartnerschaft wurde

28 „Meine Sorge ist, dass wir uns fremd werden“
Unser Verkäufer Sorin vermisst seine Kinder

Ab 7. August 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#109 SEEHAUSER LANDSTRASSE

EDITORIAL: Frische Landluft

Liebe Leser:innen,

ein Sonntagnachmittag in der Seehauser Landstraße: Zwei kleine Pferdchen ziehen flink und schnaubend eine Kutsche. Wenige Minuten später bimmelt es: Der Eiswagen kommt und fährt gemächlich durch die Straße, immerzu die Glocke schlagend. Vorbei an der winzigen Schule, deren Leitung es mit viel Engagement geschafft hat, dass sie nicht nur erhalten bleibt, sondern sogar saniert wird (S. 10). Der Eiswagen lässt auch das große weiße Schild rechts liegen, das den Weg zur „Stadtmitte“ weist – bis dahin aber ist es ein weiter Weg.

Der führt vorbei am gigantischen Güterverkehrszentrum (GVZ), das ein Taktgeber und unverzichtbarer Knotenpunkt für die Versorgung ebenjener Großstadt ist, die so sonderbar weit weg scheint. Hier nun gibt es alte Bauernkaten und neuere Reihenhäuser. Hier wohnt auch Schäfer Dennis Mahlstedt, der mit seinen Tieren die Deiche pflegt und mitunter sich manchmal über Besuch aus der Stadt ärgern muss (Seite 20), die mit dem Fahrrad einen Ausflug machen – hierher, in die kleine, stille Oase, umgeben von Industrie.

Auf den Feldern vor dem GVZ grasen die Pferde, am Ende der Straße liegt die Weser. Der Parkplatz am Deich gibt den Blick frei auf Schlote, Schlepper und Schiffe. Hier haben wir uns auf Spurensuche begeben, denn Google Maps verzeichnet ausgerechnet hier zwei „Aussichtspunkte“, von denen einer gar eine „Sehenswürdigkeit“ sein soll: Es handelt sich, kurios genug, um den „Einlauf Kläranlage Seehausen“ (S. 8). Die ist – wie auch das GVZ – auf ihre Art für ganz Bremen zuständig, und so kommt man schließlich zu dem überraschenden Schluss: Ohne Seehausen funktioniert in Bremen offensichtlich gar nichts. Hätten Sie das gedacht?

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 „Ein Traum von Kläranlage“
Was Google so als Sehenswürdigkeiten anpreist …

10 Nicht nur Bullerbü
Wir besuchen die zweitkleinste Grundschule Bremens

14 Flapp. Flapp. Flapp
Bildstrecke

20 Knochenjob im Ehrenamt
Dass Schafe den Deich pflegen, ist in Bremen selten

28 „Ich kenn sie alle“
Unser Verkäufer Florin Radu ist ein Organisationsgenie

Ab 3. Juli 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#108 OEWER WEG

EDITORIAL: Im wilden Osten

Liebe Leser:innen,

Wohnstraßen wie der Oewerweg sind für uns immer eine besondere Herausforderung. Meist fehlen die großen Institutionen, deren Türschilder und Internetseiten ihre Geschichten schon von sich aus in die Öffentlichkeit tragen. Manchmal hat man trotzdem Glück, kommt über den Gartenzaun ins Gespräch und kennt nach einem Nachmittag die halbe Nachbarschaft beim Vornamen. Und manchmal nicht.

Im Oewerweg in Osterholz stimmt irgendwie beides. Beim ersten Besuch, an einem trüben Vormittag, hat es Redaktionsleiter Paul geschafft, die immerhin 1,3 Kilometer der Straße abzulaufen, ohne dabei auch nur einem einzigen Menschen zu begegnen: nicht zu Fuß, nicht auf dem Fahrrad, nicht im Auto – nicht mal im Garten. Aber später haben wir durchaus noch einige spannende Kontakte geknüpft und hier im Bremer Osten ein Quartier kennengelernt, das doch sehr viel mehr zu bieten hat, als die langen Reihen aus Einfamilienhäusern auf den ersten Blick vermuten lassen.

Mitnehmen möchten wir Sie zum Beispiel in die WG der Lebenshilfe (S. 12), die im Sommer 40 wird und sogar noch mehr zu feiern hat als diesen runden Geburtstag. Selbst ein bisschen überrascht waren wir davon, wie tief verwurzelt American Football hier am Oewerweg ist. Wir haben uns die Geschichte beim Training erklären lassen und einige Szenen dieses kontaktfreudigen Sports für unsere Bildstrecke eingefangen (S. 14).

Gleich zwei Texte haben schließlich mit der Psychiatrie am Klinikum Bremen-Ost zu tun, an dessen Gelände sich der Weg entlangschlängelt. Hier haben wir Menschen kennengelernt, die sich auf sehr unterschiedlichen Wegen mit der düsteren Vorgeschichte der Institution beschäftigt haben (S. 8 und 24).

Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Licht ins Dunkel
Die Erforschung der NS-Geschichte der Bremer Psychiatrie

12 Immer in Bewegung
Die Lebenshilfe-WG für Menschen mit Behinderung wird 40

14 Tradition im Handgemenge
Bildstrecke

20 Auf Spurensuche
Ein Postkartenfoto wird Ausgangspunkt unserer Recherche

24 Es waren verrückte Zeiten
Studierende bringen eine psychiatrische Patientenakte auf die Bühne

28 „Ich vermisse es, zu Hause zu sein“
Unsere Verkäuferin Florica hat sich auch ohne Deutschkenntnisse eine Stammkundschaft erarbeitet


Ab 5. Juni 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#107 HAFENSTRASSE

EDITORIAL: Der andere Hafen, der große!

Liebe Leser:innen,

nein, wir waren diesmal nicht in Walle und auch nicht in Vegesack – auch wenn die Richtung schon ganz richtig ist. Es gibt nämlich noch eine dritte Hafenstraße im Land: die ganz große in Bremerhaven. Es ist aber kein Wunder, wenn Sie da durcheinander gekommen sein sollten. Die Zeitschrift der Straße ist ja tatsächlich eher selten zu Besuch in Bremens kleiner Schwester. Eine Premiere ist es aber nicht! Schon im April 2011 haben wir nämlich unsere dritte Ausgabe der Alten Bürger gewidmet: Bremerhavens Szeneviertel. Das ist mehr als zehn Jahre her.

Dass wir es jetzt nochmal versuchen, ist ein Experiment – für das Publikum wie für die Redaktion. Die musste nämlich erst einmal auf Reisen gehen, auf „Klassenfahrt“ sozusagen, und sich mit der ungewohnten Umgebung vertraut machen.

Wir sind gespannt, ob Sie genauso viel Freude an dem Ausflug haben wie wir. Und wer weiß: Vielleicht bekommen Sie ja nach der Lektüre selbst Lust, ans Meer zu fahren und zum Beispiel Willie Kimbroughs berühmte Hot Dogs zu probieren, oder ihm bei einem seiner Auftritte als Elvis-Imitator zu bewundern (S. 14). Sie könnten auch eine Veranstaltung der Kulturkirche besuchen, mit denen wegen anstehender Renovierungen gerade auch ungewohnte Orte bespielt werden (S. 24). Oder Sie gehen Shoppen in der Hafenstraße, wo aus alten Segeln allerlei Neues hergestellt wird (S. 20).

Und dann erzählen Sie uns doch mal, wie’s Ihnen an der Küste gefallen hat – gedanklich, beim lesen dieser Ausgabe. Das würde uns nämlich wirklich sehr interessieren. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 „Das Wichtigste ist der Kontakt zu den Menschen“
In der Wunderwerft bekommen lokale Unternehmen Hilfe bei der Vernetzung

12 Bevor der Ami heimging
Bremerhavens Nachtleben ist berühmt und berüchtigt

14 Zwischen Hot und Hound Dog
Bildstrecke

20 Müll, Design und Shantystimmung
Aus alten Segeln entstehen an der Hafenstraße neue Produkte

24 Frischer Wind in alten Gemäuern
Die Kulturkirche geht wegen Renovierungsarbeiten auf Reisen

28 „Jeden Tag guck ich mir die Welt neu an“
Unsere Verkäuferin Bettina bekommt durch die Arbeit neuen Mut


Ab 2. Mai 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#106 LEHER HEERSTRASSE

EDITORIAL: Die mit der Mühle

Liebe Leser:innen,

neben der Mühle steht die Tankstelle, neben dem Landhaus Louisenthal der Aldi-Markt: Es ist schon eine komische Straße, diese Leher Heerstraße. Ein Nebeneinander aus Jahrzehnten, Jahrhunderten gar. Kleine Ladenzeilen mit inhabergeführten Geschäften. Friseure, Blumen, Kieferchirurgie. Eine Autowerkstatt. Und dann diese Ufos aus vergangener Zeit, die in diesem Sammelsurium aus Handel und Dienstleistung gelandet zu sein scheinen, obwohl sie ja als Erste da waren, die Mühle und das Landhaus. Wie es im Inneren des Landhauses aussieht, weiß man: Es ist das Ortsamt Horn-Lehe, offen für die Bürger:innen. Bei der Mühle sieht das schon anders aus: Mit etwas Beharrungsvermögen hat es unser Fotograf Volker Busch schließlich geschafft, einen Blick hineinzuwerfen. Was er dort vorfand, sehen Sie in unserer Bildstrecke (S. 14).

Flaneur:innen übrigens sieht man trotz der Geschäfte in der Leher Heerstraße wenig, Straßenbahngleise dafür umso mehr, sie zerschneiden die Straße in Längsrichtung, es ist die stark frequentierte Linie 4. Das wahre Ufo ist außerdem das neue Zentrum mit dem idyllischen Namen „Mühlenviertel“: Hier war früher ein Gelände der Bundespost und jetzt, angeschmiegt an die Autobahn, das mit Bedacht aus dem Boden gestampfte neue Wohnviertel mit Supermarkt, Bäcker und Sparkassenfiliale. Was alles dazugehört, so ein neues Viertel zu bedenken und zu planen, hat uns der Stadtplaner Robert Lemmen verraten (S. 12).

„Man muss alte Leute dahin stecken, wo etwas passiert“, sagt Elisabeth Herrschel, die in einem Seniorenwohnheim in der Leher Heerstraße lebt – und arbeitet. Sie malt Bilder und ist mit ihren nunmehr 100 Jahren eine gefragte Auftragskünstlerin. „Wer hat denn in meinem Alter noch Aufträge irgendwelcher Art?“, fragt sie, nicht ohne Stolz, als sie uns ihre Arbeit und die Bilder erklärt (S. 8). Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Der Kreis des Lebens
Elisabeth Herrschel ist Künstlerin, lebt in der Gegend – und ist gerade 100 geworden

12 Gar nicht dröge: Wie aus Baurecht Leben wird
Das „Mühlenviertel“ ist neuer Wohnraum in Bremen. Wir haben mit dem Planer gesprochen

14 Ins Herz der Straße
Bildstrecke

18 Im Haus der Bücher
Wir haben uns in Bremens letztem Antiquariat umgesehen – und uns fast verlaufen

22 Aufgeladene Steine
Vielleicht haben Sie noch nie von Ernst Gorsemann gehört. Aber seine Bildhauerei prägt Bremens Stadtbild

28 „Egal, wie es dir geht – immer lächeln“
Unser Verkäufer Mihai Radu ist seit zehn Jahren dabei. Man lässt ihn auch auf Gepäck aufpassen


Ab 3. April 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!