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DAS HAUS DER BUNTEN KUGELN

#82 ARSTERDAMM – In Rey’s Billardbar am Arsterdamm treffen sich täglich Billardfans und HobbyspielerInnen. Was macht den Reiz von Billard aus? Ein Besuch

Versteckt hinter Hecken, liegt am Anfang des Arsterdamms an der Ecke zur Kattenturmer Heerstraße ein mehrstöckiges Haus. Ein Schild an der Fassade verrät: Hier kann man Billard spielen. Die Rückwand des großen Raums wird komplett von einer Fototapete der Route 66 eingenommen. Amerikanisches Flair. Billard- und Snookertische stehen nebeneinander, an ihnen SpielerInnen. Laute Musik, Kugeln klackern. Neben den Billardtischen gibt es auch einen kleineren Raum mit Dartautomaten. An der Decke hängen Schallplatten zur Deko.

Timo Kück kommt aus Findorff und nimmt den etwas weiteren Weg nach Kattenturm gerne auf sich. Er sagt: „Wir sind jedes zweite Wochenende hier. Je nachdem, wie die Jungs Lust und Zeit haben, trinken wir hier mal ein Bierchen.“ An Billard schätzt der 23-jährige Speditionskaufmann vor allem die Geselligkeit und die Dynamik: „Das ist ein schnelles Spiel, man muss sich konzentrieren.“ Billard sei Übungssache. „Am Anfang ist es schwierig, aber wenn man das so ein bisschen drauf hat, macht das ziemlich Spaß.“ Seine Kumpels und er haben sich sogar eigene Billardsstöcke, sogenannte Queues, zugelegt. Rey Ölzer arbeitet schon seit zehn Jahren in der Billardhalle, die bis vor Kurzem noch „Rock n‘ Ball“ hieß. Dann hat sie den Laden übernommen und umbenannt. Aufgrund der Arbeit spiele sie selbst nur selten Billard, sagt sie. Sie habe aber große Sympathie für den Sport.

In Ray’s Billardbar am Arsterdamm treffen sich täglich Billardfans und HobbyspielerInnen

„Theoretisch kann ich alles“, sagt Rey Ölzer und lacht. „Aber um mich außerhalb der Arbeitszeiten hier hinzustellen und Billard zu spielen, dazu fehlt mir einfach die Zeit.“ Sie gucke auch gern zu – so wie andere Fußball gucken. „Billard ist sehr filigran und erfordert viel Konzentration, man muss wirklich viel trainieren, um gut spielen zu können“, sagt sie.

Kontakt zum Billard fand Rey Ölzer, die gelernte Friseurmeisterin ist, über ihren Bruder Tonja Heißenhuber. Er arbeitet tagsüber als Textilveredler. In seiner Freizeit hat er sich zum Billardtrainer fortgebildet. Nun gibt er nebenberuflich Billardstunden und nimmt regelmäßig an Billardturnieren teil. Außerdem ist er Vorsitzender im Bremer Billard Club, der seit 2013 seine Räumlichkeiten unter Rey`s Billardbar hat. In Rey’s Billardbar am Arsterdamm treffen sich täglich Billardfans und HobbyspielerInnen. Was macht den Reiz von Billard aus? Ein Besuch Das Haus der bunten Kugeln Heißenhuber findet, Billard sei ein toller Sport – aber auch fordernd: „Um einen Stoß einigermaßen vernünftig hinzukriegen, braucht man so dreißig- bis fünzigtausend Wiederholungen. Daran kann man schon mal sehen, dass das sehr zeitintensiv ist“, sagt er.

In Bremen gibt es neben dem Bremer Billard Club noch zwei weitere Billardvereine. Heißenhuber schätzt die Zahl der Bremer Billardspielenden auf 150 bis 200. Man treffe sich regelmäßig abends auf Turnieren, sagt er. „Da kann es dann schon mal sein, dass das Finale erst morgens um drei oder vier Uhr stattfindet.“ Es gebe auch Bezirksmeisterschaften, Landesmeisterschaften und deutsche Meisterschaften sowie Punktspiele, die parallel zu den Turnieren stattfinden. Deutschlandweit wird der Billardsport in Deutschland über den Verband „Deutsche Billard Union“ organisiert, dieser zählte im Jahr 2019 laut Statistischem Bundesamt 26.149 Mitglieder.

Da es neben Rey’s Billardbar in Bremen nur eine weitere richtige Billardbar gibt, die Billardgalerie in der Neustadt, und Spielmöglichkeiten somit rar gesät sind, kommen Leute aus ganz Bremen und dem Umland nach Kattenturm, um Billard zu spielen.

Beim Besuch in Kattenturm fällt auf, dass die meisten Billardspielenden dort männlich sind. Die Mitglieder des Vereins und die BesucherInnen der darüber liegenden Billardbar seien sehr verschieden, meint Rey Ölzer. „Unten im Verein, da ist die Liga, die das Ganze wirklich ernst nehmen, die ihre Ruhe brauchen und auch ein bisschen älter sind.“ Oben in der Billardbar ziele sie jedoch auf die Leute ab, die Spaß am Spiel haben wollen und auch den Getränkeservice in Anspruch nehmen möchten.

Maximilian Möhle ist einer von denen, die Billard einfach zum Spaß spielen. Der zwanzigjährige Arstener kommt seit einigen Jahren jeden Donnerstag mit seinem Vater Markus Möhle und einem Freund her, um Billard zu spielen. „Billard ist ein cooler Ausgleich“, sagt er, „man kommt zur Ruhe und kann vom Alltag abschalten.“ Auch sein Vater meint: „Man gewöhnt sich an die Location, man hat seine gewohnten Leute. Das Ambiente ist schön, auch mit dem Dartraum.“ Die drei spielen abwechselnd gegeneinander. An ihrer Haltung, an ihrem Umgang mit den Queues sieht man, dass sie viel Übung haben. Die Runden sind bereits nach wenigen Zügen beendet und es wird wieder gewechselt.

Text: Emmy Z. Thume
Fotos: Norbert Schmacke