Autor: Michael Vogel

KOMM IN UNSER VERTRIEBSTEAM!

Du kennst und liebst die Zeitschrift der Straße? Du weißt, dass Bremens Straßenmagazin von Studierenden als Lernprojekt erstellt wird? Du hast vielleicht sogar deine Stammverkäuferin bzw. deinen Stammverkäufer in der Stadt? Dann fragst du dich vielleicht, wie die StraßenverkäuferInnen eigentlich an die Hefte kommen, die sie verkaufen, und wer die VerkäuferInnen betreut. Die Antwort auf fast alles ist (und hat) unser Vertriebsteam! Es besteht aus rund 20 Ehrenamtlichen im Alter zwischen 20 und 70 Jahren. In zwei Schichten pro Tag betreiben sie das Vertriebsbüro in der Innenstadt. Was bedeutet das? Im Mittelpunkt steht immer der Kontakt mit den StraßenverkäuferInnen, die das Büro aufsuchen, um Hefte für 1,20 Euro zu kaufen, die sie anschließend auf der Straße für 2,50 Euro anbieten. Das Vertriebsteam prüft Verkäuferausweise, gibt Hefte aus, kassiert das Geld, trägt den Umsatz in eine Datenbank ein und macht am Ende der Schicht eine Abrechnung. Neuen VerkäuferInnen werden die Verkaufsregeln erklärt und Ausweise ausgestellt. Ebenso wichtig wie der Heftverkauf sind die Gespräche mit den VerkäuferInnen, die mit ihren Sorgen und Nöten ins Vertriebsbüro kommen. Ein …

EIN FEST ZUR 50. AUSGABE

Natürlich habt Ihr diese Einladung schon auf der Rückseite unserer aktuellen Ausgabe #49 REMBERTIRING gesehen und Euch den Termin im Kalender dick angestrichen. Aber falls Ihr noch kein Exemplar ergattert habt oder beim Lesen der Ausgabe erst auf S. 31 angekommen seid, möchten wir Euch auch auf diesem Wege einladen. Am 15. Juli 2017 erscheint die 50. Ausgabe der Zeitschrift der Straße  (Thema: DIE STRASSE). Dieses Jubiläum feiern wir! Im Vertrauen darauf, dass das Wetter mitspielt, bereiten wir ein Fest im Innenhof hinter unserem Vertriebsbüro vor. Falls Ihr den Hof nicht kennt, er war ein Thema in der grünen Ausgabe #43 AUF DER BRAKE vom November 2016. Schaut einfach in Eurer Heftsammlung nach. Oder in unserem digitalen Archiv. Am Hoffest gibt es zu essen und zu trinken, Musik und vor allem Begegnungen mit den Aktiven des Bremer Straßenmagazins. Haltet Euch den Termin frei und feiert mit uns. Wir freuen uns auf Euch.

#49 Rembertiring

Hintergrundfoto: koeb/flickr.com EDITORIAL: Ganz hartes Pflaster Ertappen Sie sich auch manchmal dabei, dass Sie denken: Früher war vieles besser? Wem solche Gedanken, wie uns, nicht fremd, aber etwas peinlich sind, dem sei ein Spaziergang am Rembertiring empfohlen. Sofort wird man wieder klar im Kopf. Hätten sich die Stadt- und Verkehrsplaner von früher durchgesetzt, sähe es heute in halb Bremen aus wie hier: Schneisen automobiler Verwüstung, vom Viertel über die Werderinsel bis in die Neustadt. Ein unwirtlicher Ort, dieser Rembertiring, da helfen auch der Rasen und die paar Bäume nichts, die man in den Kreisel gepflanzt hat. Einige Menschen aber, die vor dem Nichts stehen, finden gerade hier Unterschlupf: In der Notunterkunft der Inneren Mission beispielsweise, wo wohnungslose Männer ein Zimmer beziehen und so in Ruhe und Würde leben zu können. Für gewisse Zeit nur, aber immerhin (Seite 8). Oder im Haus Fedelhören, wo 20 aus der Haft entlassene Männer in Wohngemeinschaften leben und einen neuen Start ins Leben versuchen (Seite 24). Wer mit diesen Menschen spricht, erfährt viel über die dunklen Seiten des Lebens. Wobei …

„EINE COOLE CHALLENGE“

#49 REMBERTIRING – Das Café Papagei hat einen Chefkoch: Randy Ziegler. Dabei wäre er beinahe zu spät gekommen. Er ist angetreten, Gerichte für 2,50 Euro zu kochen – frisch, regional und lecker Er wollte nur seine Post abholen, hier im Café Papagei, und Bewerbungsunterlagen hatte er auch keine dabei. Dafür war auch keine Zeit mehr. Randy Ziegler kam noch gerade rechtzeitig, um sich aus dem Stegreif auf die Stelle zu bewerben – ein Koch wurde gesucht, für das Café Papagei auf der Brake. Am 1. Mai sollte das neue Projekt starten, gefördert von ProJob, einer Tochtergesellschaft der Inneren Mission. Auf die Frage, ob er hier der neue Küchenchef sei, streicht sich Randy Ziegler über den Bart, grinst breit und antwortet er in einem dezent pfälzischen Dialekt: „Ja, ich sehe zwar nicht so aus, aber der bin ich.“ Er ist in Pirmasens geboren und mit 32 Jahren „im besten Alter“ für den Job, wie er findet. Als gelernter Koch und Hotelfachmann tingelte er zuvor durch die ganze Welt, arbeitete unter anderem in Vietnam, Kroatien, in der …

Jonas und Cäsar auf der Perspektivwechsel-Tour

ERSTE PERSPEKTIVWECHSEL-TOUREN ABSOLVIERT

Premiere: Unsere ersten Perspektivwechsel-Stadtführungen haben am 11. Mai und am 15. Mai stattgefunden. Drei Schulklassen (8. Klasse) aus Oberneuland und Osterholz-Tenever nahmen mit insgesamt 75 Personen daran teil. Die Touren durch das Bremer Bahnhofsviertel dauerten jeweils rund zwei Stunden und wurden gemeinsam geleitet von Jörg, der früher auf der Straße lebte und sich jetzt in der Sozialarbeit engagiert, und Cäsar, dem langjährigen Vertriebskoordinator der Zeitschrift der Straße und Initiator der Perspektivwechsel-Touren. Das Foto oben zeigt Cäsar (rechts) und den Streetworker Jonas Pot d’Or während einer der Touren. Auf den Rundgängen passierten die Gruppen das Elefantendenkmal, die Bahnhofsmission, die Fachstelle Wohnen, die Comeback-Drogenberatungsstelle, den Verein Hoppenbank zur Strafentlassenenbetreuung, die Notunterkunft des Vereins für Innere Mission am Rembertiring, die Ausgabestelle Substitution für Drogenabhängige, das Café Papagei, die Büros der Zeitschrift der Straße und der Uni der Straße sowie die Medizinische Notversorgung. Jörg und Cäsar erklärten den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung dieser Orte und die Aufgaben der Einrichtungen und sprachen mit ihnen über die Problemlagen der Menschen, die sie aufsuchen. Haben die Stadtführungen Perspektivwechsel ausgelöst? Das wird …

EIN FAST VERGESSENES LAGER

#48 WARTURMER PLATZ – Die Siedlung am Wartumer Platz war einst ein „Familien-KZ“. Heute erinnert dort nichts mehr an die dunkle Vergangenheit Wie ein dörfliches Idyll mutet sie heute an, die Siedlung am Warturmer Platz. Lauter kleine Reihenhäuser mit schmucken Vorgärten, dazwischen eine Wiese, und alles ist umringt von Bäumen und Sträuchern. Auf einem kleinen Platz spielen die Kinder einer Kindertagesstätte. Gebaut wurde diese Siedlung in der Zeit des Nationalsozialismus. Als „Wohnungsfürsorgeanstalt“. Initiiert vom damaligen Wohlfahrtssenator Hans Haltermann entstand 1936 eine Unterbringung für die von den Nazis als „asozial“ und „minderwertig“ klassifizierten Familien Bremens. Sie wurde zwangsweise einquartiert und sollten im Sinne des Regimes umerzogen werden. Bis 1940 wurden etwa 160 Erwachsene und rund 400 Kinder eingewiesen. Heute deutet hier kaum mehr etwas auf die Schicksale hin, die Menschen an diesem Ort erlitten haben. Wieder leben Familien in den Häusern. Ob sie die Geschichte der Siedlung noch kennen? Die Anfänge des „Familien-KZ“ und die rassistische Vision von Otto Wetzel Die Anfänge dieses „Familien-KZ“, wie es die Bewohner nannten, reichen bis ins Jahr 1935 zurück. Damals …

#48 Warturmer Platz

Hintergrundfoto: Lomunet Arratiko/flickr.com EDITORIAL: Dorf inmitten der Stadt Der Warturmer Platz liegt versteckt zwischen einer Güterbahntrasse, der Bundesstraße 6, der A 281 und einem Gewerbegebiet. Eine laute, triste Gegend. Findet man aber den Weg in die Senator-Paulmann-Straße, landet man in einer anderen Welt. Die schmale Straße führt zu einem Platz, der auch ein Park sein könnte, mit Bäumen und Büschen auf einer großen Wiese und vor allem: Stille. Dieses Idyll ist umgeben von einem lückenlosen Ring kleiner Reihenhäuser, wie eine Wagenburg. Was heute einem Dorf gleicht, war vor rund 80 Jahren ein Ort des Schreckens. Die Nationalsozialisten hatten die Siedlung als Lager errichtet, in dem sie Sinti und andere einsperrten, die ihnen und ihrer Ideologie nicht passten. Die Familien mussten Zwangsarbeit verrichten, wurden geprügelt und zum Teil auch zwangssterilisiert (Seite 8). Viele Bewohner des Lagers blieben nach dem Krieg in den Häusern, zunächst als Mieter, später konnten sie die Häuser erwerben. Auch wenn die Siedlung lange unter einem schlechten Ruf litt, wurde sie über die Jahrzehnte zu einem kleinen Paradies mit einer dörflichen Gemeinschaft (Seite …

SEMESTERSTART DER UNI DER STRASSE

Es geht wieder los! Das Sommersemester 2017 der Uni der Straße bietet ein besonders aktives Programm. Cory Patterson, Koordinator unseres Bildungsprogramms, lädt alle Interessierte zum Mitmachen ein: „Lasst uns gemeinsam ‚auf den Hund kommen‘, mit den Wölfen heulen, zu Künstler:innen werden und menschliche Vielfalt entdecken.“ Am 12. April steht gleich Werder Bremen auf der Tagesordnung. Neugierig? Den Blick ins Semester-Programmheft gibt’s hier. Für aktuelle Infos und zur Anmeldung besuchen Sie bitte die Programm-Website der Uni der Straße. Und schließlich ist gerade ein Beitrag über die Uni der Straße in der taz erschienen.

#47 Reihersiedlung

Hintergrundfoto: Maret Hosemann/flickr.com EDITORIAL: Von Vorurteilen und Hausbesuchen Die Frau hat mich noch nie gesehen, bittet mich aber gleich zu sich herein. „Es ist doch kalt draußen“, sagt sie – und schon kocht sie einen Pott Kaffee für mich, während ich in ihrer warmen Stube sitze. Nein, mit der Presse will sie nicht so gern sprechen, obwohl sie mir viel zu erzählen hat – aber das Leben hat ihr viel Grund gegeben zu misstrauen. Drei Mal sei sie schon geflohen, erzählt sie. Dennoch empfängt sie mich offen und warmherzig. Wenn in der Politik und bei Wohnungsbaukonzernen von der Reihersiedlung die Rede ist, dann wird oft über, aber selten mit den Bewohner:innen dieser Schlichtbauten geredet (Seite 8). Und: Ja, auch wir haben Berührungsängste. Aber wir haben uns aufgemacht und waren bei Michaela (Seite 12) und Mücke (Seite 14), bei Günter und Heiko (Seite 20), haben Dieter getroffen (Seite 22) und auch allerlei Haustiere gestreichelt (Seite 16). Und wir waren bei den Nachbar:innen aus der Reiherstraße, um mit jenen zu reden, die allerlei Vorurteile pflegen und damit …

„Ich bin auch für radikalere Maßnahmen offen“

#47 REIHERSIEDLUNG – Ein Gespräch über Schlichtwohnungen, Hausbesetzungen und die Ohnmacht der Bremer Politik – mit Joachim Barloschky vom Aktionsbündnis „Menschenrecht auf Wohnen“ Zeitschrift der Straße: Brauchen wir mehr Schlichtwohnungen in Bremen? Joachim Barloschky: Gegenwärtig sieht es so aus, also ob wir bald gar keine mehr haben. Eben! Unser Aktionsbündnis tritt dafür ein, dass es mehr bezahlbaren Wohnraum in der Stadt gibt. Der muss natürlich einen ordentlichen Standard haben und gewisse ökologische Kriterien erfüllen. Dafür kämpfen wir. Die Menschen in den Schlichtbausiedlungen sind oft mit wenig zufrieden. Ich wurde neulich von einem Freund angegriffen: Barlo, bist du jetzt auch noch einer, der sich für die Scheiß-Wohnungen einsetzt? Nein. Aber im Gegensatz zur Vonovia haben wir mit den Bewohnern geredet, während die Politiker nur mit der Vonovia geredet haben. Die Bewohner:innen wollen bleiben, eine einfache Sanierung und Mitbestimmung. Was würde das konkret heißen? Es müsste dort zumindest Warmwasser und eine Heizung geben. Das kann man machen. Das haben ja die Bewohner:innen in der Holsteiner Straße in Walle alles selbst organisiert. Die haben richtige Investitionen getätigt! Das …