Alle Artikel mit dem Schlagwort: Kirche

#101 Fleetstrasse

EDITORIAL: Ein Tag im Grünen Liebe Leser:innen, von Katzenjammer kann bei uns in der Redaktion auch am Morgen nach der 100. Ausgabe keine Rede sein. Weil wir aber trotzdem dringend mal an die frische Luft wollten, haben wir uns für dieses 101. Heft in Richtung Stadtrand aufgemacht: ins Waller Fleet nämlich, zu den Kleingärten im Grünen. Mit tatkräftiger Unterstützung unseres Begleitseminars an der Uni Bremen haben wir hier für eine unserer am wenigsten urbanen Ausgaben recherchiert – und dabei eine Menge gelernt. Im Fleetgarten zum Beispiel haben wir Menschen besucht, die hier unter fachkundiger Anleitung nachhaltiges Gärtnern ausprobieren (S. 18). Gleich um die Ecke steht eine Kirche, die heute als Wohnhaus dient (S. 22) – wenngleich als extravagantes. Außerdem haben wir ein waschechtes Kaisenhaus besucht (S. 8), das heute als Museum dient und von der Wohnungsnot nach dem Zweiten Weltkrieg berichtet. Und zu guter Letzt waren wir auch noch etwas weiter draußen: beim „Metalhenge“ (S. 12), das als Aussichtspunkt und Kunstwerk neue Perspektiven auf die Stadt eröffnet. Wir hoffen, Sie haben beim Lesen mindestens so …

„Aufklärung ist fast schon ein Schimpfwort“

#53 DOM: Früher war Horst Isola Landesvorsitzender der SPD, heute kämpft er für die Trennung von Staat und Kirche. Ein Gespräch über Lobbyismus, Auschwitz, die Sozialdemokratie und 20 Schläge Haben Sie eine Mission, Herr Isola? Mission wäre zu hoch gegriffen, aber ich habe politische Auffassungen und Grundsätze. Eine davon ist die Trennung von Kirche und Staat. Geht es Ihnen nur ums Prinzip, oder was ist das Problem? Religion ist Privatsache! Jede:r kann glauben, was er oder sie will. Das ist geschützt durch das Grundgesetz. Für mich ist es aber ein Prinzip der Demokratie, dass sich die Kirchen aus der Politik heraushalten. Wer sich auf ein nicht kontrollierbares höheres Wesen beruft, unterläuft die Demokratie. Was mich weiter stört, ist die Privilegierung der Kirchen mit Steuergeldern in Milliardenhöhe. Was Sie also stört, ist die Bevorzugung der Kirche und nicht ihre Inhalte. Ich bin Atheist. Was soll ich da zu den Inhalten der Kirche und deren Religion sagen, die gehen mich nichts an. Das Problem ist die fehlende Trennung zwischen Religion und Politik. Es gibt eine Reihe von …

#53 Dom

Hintergrundfoto: Micha/flickr.com EDITORIAL: Von Aufklärung und Widerstand So recht kann er sich nicht mehr erinnern, wann er zuletzt im Dom war – zum Beten jedenfalls ist Horst Isola nicht gekommen, er hat es nicht so mit dem lieben Gott. Für uns war der SPD-Politiker dann aber doch mal wieder drin, nach einem langen Gespräch über die Trennung von Staat und Kirche (Seite 20). Er hat dazu eine klare Haltung, aber eine, die auch in den eigenen Reihen eher unpopulär ist. Überhaupt haben wir mit vielen Menschen in der ganzen Stadt über den Dom gesprochen, und ihn aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet, wie schon auf dem Titel zu sehen ist; weiter geht es auf Seite 14. Gleich neben dem Dom, im Bibelgarten, sind im Sommer neuerdings Bienenvölker zu Gast. Ob das geht, so mitten in der Stadt, und ob das mehr ist als nur ein Trend, den man heutzutage „urban beekeeping“ nennt, haben wir zum Ende der Saison den Imker Heiner Lenz gefragt (Seite 12). Und wenn Sie schon mal an einem Montag vor dem Dom standen, …

Im Turmzimmer

#36 KORNSTRASSE – Die Zionsgemeinde gewährt Flüchtlingen Kirchenasyl und bewahrt sie vor der Abschiebung. Pastor Thomas Lieberum (Foto) erklärt, wie und warum das geht Nehmen wir an, vor der Tür stehen eine Frau, ein Mann, zwei Kinder, die sagen: „Sie sind unsere letzte Hoffnung.“ Was tun Sie? Eine Familie aus dem Kosovo stand genau so vor der Tür. Für eine Nacht können wir immer eine Matratze hinlegen und ein paar Lebensmittel kaufen. Dann versuchen wir, die Situation der Menschen zu klären. Die meisten sind tatsächlich von Abschiebung bedroht, vor allem in Erstaufnahmeländer wie Italien, Ungarn, Griechenland. Was nicht sinnvoll ist, weil sie dort niemanden kennen und schon länger in Deutschland leben. Daher helfen wir. Wo bringen Sie die Menschen unter? Wir haben Büros und ein Musikzimmer umfunktioniert. Unser Gemeindehaus hat zwei Küchen und – ein großes Glück! – sogar eine Dusche. Essen, das in unseren Kindergärten übrig bleibt, können sich die Leute aufwärmen und aus unserem Umsonstladen Kleidung und andere Dinge nehmen. Können Sie den weiteren Ablauf am Beispiel der Familie aus dem Kosovo schildern? …

Straßenverkäufer trifft Papst

STRAATNIEUWS / Utrecht: Papst Franziskus gibt ehemals obdachlosem Straßenverkäufer Marc in Rom ein exklusives Interview Es ist noch früh, als wir vor dem Dienstboteneingang des Vatikans links vom Petersdom eintreffen. Die Schweizergarde war über unsere Ankunft in Kenntnis gesetzt worden und lässt uns durch. Wir steuern auf das Domus Sanctae Marthae zu, in dem Papst Franziskus wohnt. Das Domus Sanctae Marthae ist aller Wahrscheinlichkeit nach das außergewöhnlichste Drei-Sterne-Hotel der Welt. Das große, weiße Gebäude, in dem Kardinäle und Bischöfe residieren, während sie im Vatikan ihren Dienst leisten oder ihn besuchen, ist auch die offizielle Residenz der Kardinäle während des Konklaves. Hier werden wir ebenfalls erwartet. Wie in jedem anderen Hotel stehen hinter der Rezeption zwei Damen, die uns auf eine Nebentür verweisen. Der Versammlungsraum ist schon vorbereitet. Dieser Raum, der dem Papst unter der Woche als Konferenzraum dient, ist ziemlich groß und mit Schreibtisch, Sofa, Tischen und Stühlen ausgestattet. Dann beginnt das Warten. Marc, der Straatnieuws-Verkäufer, hat von uns allen die meiste Geduld, und wartet in seinem Stuhl sitzend darauf, was als Nächstes kommt. Plötzlich …