Author: Cory Patterson

#117 FLUGHAFENALLEE

EDITORIAL: Ein Flug nach Irgendwo Liebe Leser:innen, diese Ausgabe fing schon bei der Planung zünftig an: Zur Redaktionskonferenz kam eine unserer Autor:innen zu unserer Überraschung mit einem großen Rollkoffer. Sie wollte ihn eigentlich vorher schnell zur Reparatur bringen – ein Rad war kaputt –, allerdings sind Ersatzteile für ältere Koffer schwer zu bekommen und sie verließ das Geschäft unverrichteter Dinge mit nach wie vor kaputter Rolle. Als unfreiwilliges Accessoire unserer Planungsrunde sorgte das Gepäckstück gleich für Reisefieber. Und das passt ja auch: Denn wer zur Flughafenallee fährt, zieht meistens ebenfalls einen Koffer hinter sich her. Und selbst wenn eine Rolle kaputt ist und Ziehen nicht geht: Lange Strecken tragen muss man ihn auf dem Weg zum Airport sowieso nicht. Das liegt auch an der Straßenbahn, mit der man so bequem wie wohl kaum irgendwo sonst in nur wenigen Minuten vom Stadtzentrum zum Flughafen kommt. Was eine BSAG Fahrerin so erlebt, die täglich zwischen Uni und Flughafen pendelt und an der Wendeschleife nur knappe sechs Minuten Pause hat, haben wir sie während einer Fahrt zum Airport …

#116 STEFFENSWEG

EDITORIAL: Im echten Walle Liebe Leser:innen, der letzte Handgriff bei der Herstellung jeder Zeitschrift der Straße ist, das Heft in die Ausgabenliste einzutragen. Das ist so eine Tabelle mit vier Spalten: Heftnummer, Erscheinungstag, Straßenname und – ganz am Ende – Stadt- und Ortsteil, damit wir ein bisschen im Blick behalten, wo wir zum einen gerade erst waren und wo wir zum anderen dringend mal (wieder) hinmüssten. Bei diesem Heft hier war das komisch. Denn einerseits ist unser letzter Besuch in der Gegend noch gar nicht lange her: Die Nordstraße liegt zum Beispiel gleich um die Ecke, und die Konsul-Smidt-Straße ist ja auch gar nicht so lange her. Es fühlte sich aber ganz anders an, denn beim Fußmarsch durch den Steffensweg stellten sich unweigerlich Fragen wie: Sind wir wirklich so nah an der Überseestadt? Ist das alles Walle? Sind wir überhaupt auf demselben Planeten? Tatsächlich hat der Steffensweg nicht viel gemein mit der blitzblanken Überseestadt ums Eck. Nicht nur, weil viele der hier vorherrschenden 1950er-Jahre-Bauten schon ein bisschen in die Jahre gekommen sind, sondern auch, weil …

#115 FISCH

EDITORIAL: Petri Heil! Liebe Leser:innen, Fisch ist in Bremen so allgegenwärtig, dass man ihn schon gar nicht mehr wahr­nimmt. Oder geht Ihnen das anders? Wir hatten bei der Planung dieser Ausgabe jedenfalls nur eine vage Vorstellung davon, dass die glupsch­äugigen Wasser­bewohner irgendwie auch identitäts­stiftend für Bremen sein könnten. Es scheint zunächst einmal eher eine Ange­le­genheit der Touris zu sein, ein Fisch­brötchen an der Weser zu mampfen, von „Fischtown“ zu reden – oder beim Fußball einen der ältesten und hartnäckigsten Spottgesänge anzustimmen. Sie wissen schon: „Was ist grün und stinkt nach Fisch?“ Eben. Und weil wir hier bei der Zeitschrift der Straße sind, sei wenigstens dazugesagt, dass es auch eine ganze Menge fischiger Straßennamen in Bremen und Bremer­haven gibt. Die haben wir zusammengetragen, auch wenn wir bei der Scholle vielleicht ein bisschen gemogelt haben (Seite 6), denn es gibt ja auch die Schollen, die man nur an Land, genauer: auf dem Acker findet. Wir haben uns jedenfalls entschieden, dem Fisch als solchem eine eigene Ausgabe zu widmen, gerade weil er in Bremen so allgegenwärtig und doch sonderbar unsichtbar ist. Die Wirt­schafts­förderung …

#114 FEHRFELD

EDITORIAL: Zurück in die Zukunft Liebe Leserinnen und Leser, ja, Sie haben recht, irgendwas ist anders auf dem Titelbild. Und nicht nur dort. Auch im Inneren des Hefts werden Sie ein paar layouterische Neuerungen entdecken, von denen nicht wenige auf Vorschläge aus der LeserInnenschaft zurückgehen. Die kleine Landkarte auf Seite 6 zum Beispiel wurde immer mal wieder an uns herangetragen und soll ab jetzt bei der Orientierung helfen, wo die Zeitschrift der Straße gerade wieder unterwegs war. Aber keine Sorge: Inhaltlich werden Sie alles wiederfinden, was Ihnen an unserem Magazin gefällt – vielleicht sogar ein bisschen mehr davon als üblich, denn tatsächlich hatten wir lange nicht so viele verschiedene Beiträge wie in dieser Ausgabe. Im Fehrfeld sind wir übrigens nicht zum ersten Mal. Nur hat sich hier seit unserer Ausgabe #15 eine ganze Menge verändert, auch wenn man dafür manchmal etwas genauer hinsehen muss. Den Golden Shop zum Beispiel gab es damals zwar auch schon, nur hat der sympathische Buchladen am Südende der Straße inzwischen gemeinsam mit den Nachbarn das Haus gekauft (Seite 8). Auch …

WIR BENÖTIGEN IHRE HILFE

In diesen Tagen liegt den Ausgaben der Zeitschrift der Straße ein Überweisungsträger bei. Ja, wir brauchen Geld – die Zeitschrift der Straße finanziert sich ausschließlich aus dem Verkaufserlös, den Werbepartner:innen und Spenden. Wir erhalten keinerlei behördliche Unterstützung und sind aus diesen Gründen auch auf Ihre Unterstützung angewiesen. Wir benötigen finanzielle Unterstützung, um unsere Verkaufspersonen ausstatten zu können. Dazu gehört die Ausrüstung für den Verkauf, Winterhilfen, kleinere Verpflegungsangebote und anlassbezogene Zuwendungen. Sie können für Ihre Spende auch das Spendenformular auf unserer Website nutzen oder Sie spenden an:Verein für Innere Mission in BremenBank: Sparkasse BremenIBAN: DE22 2905 0101 0001 0777 00BIC: SBREDE22XXXVerwendungszweck: Zeitschrift der Straße. Spenden sind steuerlich absetzbar! In der kalten Jahreszeit sind natürlich auch Sachspenden sehr willkommen – über heile und saubere Winterkleidung oder Schlafsäcke freuen sich z. B. die Kleiderkammern des Café Papagei (nur Männerkleidung) oder des frauenzimmer (nur Frauenkleidung). Vielen Dank!

#113 RAUSCH

EDITORIAL: Party, Elend und Ekstase Liebe Leser:innen, nein, „Rausch“ ist kein Bremer Straßenname. Aber es ist ein Thema, das die Straße betrifft, nicht nur, weil viele unserer Verkäufer:innen Suchterfahrung mit sich herumschleppen. Rausch gehört zum Leben, bei Wohnungslosen nicht mehr oder weniger als bei anderen Menschen. Die jahrzehntealte Debatte um die Drogen­szene am Hauptbahnhof hat in den letzten Monaten mal wieder Fahrt aufge­nom­men, weil die Crack-Welle die ganze Stadt herausfordert: Streetworker:innen, Strafverfolgungs­behörden, die Zeitschrift der Straße – aber auch den meisten von Ihnen, unseren Leser:innen, dürften die Folgen nicht entgangen sein. Aber ist Rausch gleich Sucht, gleich Elend, gleich Sicherheitsproblem? Ein paar Minuten zu Fuß vom Drogen-Hot-Spot Hauptbahnhof sieht die Sache gleich ganz anders aus: Für die Bars und Kneipen an der Schlachte etwa ist Rausch ein gern gesehenes Phänomen, ein profitabler Wirtschaftszweig und ein beworbener Anziehungspunkt für den Tourismus. Rausch prägt Straßen und Stadtgesellschaft auf sehr unterschiedliche, manchmal widersprüchliche Weise. Und darum ist er auch ein Thema für die Zeitschrift der Straße. Für diese Themenausgabe haben wir etwa Bremens Cannabis Social Club besucht, einen …

WIR STELLEN UNS NEU AUF UND VERÄNDERN UNSERE VERTRIEBSSTRUKTUREN

Neue Ausweise Auf Bremens feuchten Herbststraßen verändert sich etwas in diesen ersten November­tagen – die Zeitschrift der Straße ändert ihre Vertriebs­stuk­turen und ihr Regelwerk. Unsere Verkaufs­personen erhalten einen neuen Verkaufs­aufsweis. Dieser ist mit einem Foto versehen, zeitlich befristet und u. a. durch ein Originalsiegel und einen QR-Code erheblich fälschungssicherer als die vorherige Version. Auf der Karte finden Sie auch die Verkäufernummer und die Gültigkeitsdauer. Feste Verkaufsplätze Seit dem 6. November 2023, mit Erscheinen der neuen Ausgabe stehen unsere Verkäufer:innen außerdem an festen Plätzen. Weil wir nicht wollen, dass sich unsere Verkäufer:innen aufdringlich verhalten, ist es schon lange verboten, die Zeitschrift der Straße im Gehen zu verkaufen. Wir entwickeln die Zeitschrift in engem Austausch mit anderen deutschen Straßenzeitungen. Im Gespräch mit den Kolleg:innen mussten wir feststellen, dass wir mit der freien Platzwahl die absolute Ausnahme waren. Vom festen Verkaufsplatz versprechen wir uns größere Verläss­lichkeit, ein stabileres soziales Umfeld für die Verkaufenden und bessere Möglich­keit, sie aufzusuchen, wenn es Probleme gibt. Alle Verkäufer:innen haben einen festen Platz, der übrigens ebenfalls auf dem Ausweis vermerkt ist. Wir werden …

#112 DELFTER STRASSE

EDITORIAL: Schluss mit Endstation Liebe Leserinnen und Leser, Hand aufs Herz: Wie gut kennen Sie Huchting? Wir bei der Zeitschrift der Straße hatten da bis vor Kurzem jedenfalls noch große Lücken. Okay, wir waren mal im Sodenmatt: Ausgabe 22, die Älteren werden sich erinnern. Dann war lange nichts. Dass der Bremer Südwesten weitgehend ein weißer Fleck auf unserer Landkarte ist, lässt sich zwar nur schwerlich entschuldigen – aber doch immerhin erklären. Huchting ist schon echt weit weg von der Stadtmitte, von unserem persönlichen Umfeld, unseren VerkäuferInnen. Und überhaupt: von Bremen. Das ändert sich gerade ein wenig und deshalb waren wir auch hier. Weil die Straßenbahn kommt. Der Ausbau der Linien 1 und 8 in Huchting ist beschlossene Sache, Teil des „beschlossenen Handlungskonzepts im aktuellen Verkehrsentwicklungsplan Bremen 2025“, wie das auf Behördendeutsch heißt. Was erst mal gut klingt, bewegt die Huchtinger Gemüter auf sehr unterschiedliche Weise. Viele freuen sich. Manche Zugezogenen der letzten Jahre haben Huchting überhaupt nur in ihre Überlegungen einbezogen, weil diese Anschlüsse kommen. Andere fürchten jahrelange Baustellen und gravierende Eingriffe ins Straßenbild. Wir …

#111 SCHARNHORSTSTRASSE

EDITORIAL: Schwachhausen durch die Hintertür Liebe Leser:innen, pünktlich zum Herbstanfang ist unsere Sommerpause vorbei und wir melden uns nach zwei Monaten zurück mit einer neuen Ausgabe der Zeitschrift der Straße: einer etwas ungewöhnlichen allerdings, weil die Texte diesmal nicht aus den Händen und Köpfen unserer ehrenamtlichen Redaktion stammen, sondern von Studierenden der Uni Bremen. Die haben sich im vergangenen Semester mit der Scharnhorststraße beschäftigt. Wir befinden uns also in Schwachhausen, einem Stadtteil, der nicht nur Bremen bekannt ist für prachtvolle Villen in Parknähe oder doch wenigstens aufwendig sanierte Altbremer Häuser: ganz hübsch jedenfalls, in ruhiger Lage – und nicht ganz billig. Tatsächlich ist die Scharnhorststraße auch nicht gerade ein sozialer Brennpunkt. Im Gegenteil scheint hier alles wie im Dornröschenschlaf vor sich hin zu schlummern, was sicher nicht nur an der Verkehrsberuhigung liegt. Die Scharnhorststraße führt durch eine Wohngegend, der Verkehr fließt wie im Kreis drumherum über Kurfürstenallee, Kirchbachstraße, Schwachhauser Heerstraße und Bürgermeister-Spitta-Allee. Das heißt allerdings nicht, dass in der Straße nichts los wäre. Wir sind hier etwa auf einen Verein gestoßen, der sich seit gut …

#110 SOMMERDEICH

EDITORIAL: Urbanes Grün Liebe Leser:innen, es wirkt ein bisschen unentschlossen, dieses erstaunlich weitläufige Areal hinter dem Weserstadion. Als wüsste der breite Streifen Grün selbst nicht immer ganz genau, was er da zwischen Fluss und Stadt eigentlich sein möchte: Ein Park? Ein Schrebergartengebiet? Oder doch eher Spiel- oder Sportplatz? Bereits der Straßenname auf dem Titel dieser Zeitschrift – Sommerdeich – verrät noch eine weitere Eigenschaft der umliegenden „Pauliner Marsch“. Aus stadtplanerischer Sicht ist sie nämlich zunächst mal vor allem ein Überschwemmungsgebiet. Was das für die zahlreichen NutzerInnen des Geländes bedeutet, haben wir uns gefragt (Seite 20) und einige davon bei dieser Gelegenheit auch gleich etwas besser kennengelernt. Da wären zum Beispiel die ehemaligen BesetzerInnen des Alten Sportamts, die inzwischen einen Verein gegründet und einen auf Dauer ausgelegten Nutzungsvertrag mit der Stadt ausgehandelt haben (Seite 22). Auch mit den jungen Menschen, die das Gelände nachts für Freiluft-Partys nutzen, haben wir gesprochen (Seite 12) – und irgendwie erlebt haben wir auch die wohl einzigen richtigen VollzeitbewohnerInnen der Straße: die Esel, Ziegen und Pferde vom Sportgarten (Seite 14). Insgesamt …