Meldung

WIR SIND 5 JAHRE!

Die Zeitschrift der Straße feiert Jubiläum. Nicht alles lief wie geplant. Aber vieles besser als erwartet. Wir sind eben ein Lernprojekt – heute wie damals

 

Am 2. Februar 2011 lag sie endlich vor uns: Die erste Ausgabe der Zeitschrift der Straße. Zwei Jahre Arbeit, bisweilen ungewöhnliche Kooperationen, viel Zeit und auch einige Nerven hatte sie uns gekostet. Das Foto oben zeigt den Verkaufsstart mit Bertold Reetz (links) und den VerkäuferInnen Kati und Kai (†2015).

Kaum einer von uns hätte gedacht, wohin sie uns führen würde: Knapp 300.000 Hefte haben unsere Straßenverkäuferinnen und -verkäufer bislang an Mann und Frau gebracht, Tausende Bremerinnen und Bremer kaufen regelmäßig bei ihnen. Viele Leserinnen und Leser sammeln die Ausgaben als journalistischen Stadtplan. Die gedruckten Auflagen zahlreicher Ausgaben sind ausverkauft.

 Vorbereitungskreis der Zeitschrift der Straße im Herbst 2010, vier Monate vor Erscheinen der ersten Ausgabe

Vorbereitungskreis der Zeitschrift der Straße im Herbst 2010, vier Monate vor Erscheinen der ersten Ausgabe

Die Versuchung ist groß, die Geschichte der Zeitschrift der Straße als souveräne Erfolgsstory zu erzählen und dabei alle Irrungen und Beinahe-Pleiten der letzten Jahre unter den Tisch fallen zu lassen. Doch das wäre nur die halbe Wahrheit. Bremens Straßenmagazin ist nicht nur ein Sozialprojekt, sondern auch ein Lernprojekt für Studierende und junge Berufsanfänger, dessen Erfolg sich an anderen Kriterien bemisst.

Tatsächlich war es eine pädagogische Idee, die 2009 den Impuls zur Entwicklung der Zeitschrift der Straße gab: die Idee, dass Lernaktivitäten von Studierenden umso wertvoller sind, je mehr sie auch der Allgemeinheit dienen. Diese Idee ist noch immer grundlegend für das Funktionieren der Zeitschrift. Denn Studierende unterschiedlicher Fachgebiete – aus den Bereichen Journalistik, Design, Tourismusmanagement und Gesundheitswissenschaften etwa – finden hier eine Lernumgebung, in der sie tun können, was sie für ihr Studium ohnehin tun müssen. Bei der Zeitschrift der Straße aber haben ihre Lernaktivitäten reale Konsequenzen, nützen anderen Menschen und entfalten gesellschaftliche Wirkung. Learning by doing good.

Gruppenbild mit Zeitschrift der Straße: Hochschulteam im Sommer 2013 (Foto: Björn Wiedenroth)

Gruppenbild mit Zeitschrift der Straße: Hochschulteam im Sommer 2013 (Foto: Björn Wiedenroth)

Rund 200 Studierende haben sich bislang bei der Zeitschrift der Straße engagiert. Einige von ihnen sind auf dem Gruppenfoto von 2013 zu sehen. Ihnen stehen 750 registrierte VerkäuferInnen gegenüber, denen die Zeitschrift der Straße Arbeit statt Almosen bietet oder zeitweise bot – und Zugehörigkeit statt Ausgrenzung.

Damit sei nur angedeutet, was möglich wäre, wenn sich alle 2,8 Millionen Studierenden in Deutschland gesellschaftliches Engagement auf ihr Studium anrechnen lassen könnten. Oder wenn Hochschulen gar Prüfungsleistungen mit konkretem gesellschaftlichem Mehrwert verlangen würden.

Die Zeitschrift der Straße ist ein Vorstoß in diese Richtung. Sie ist das weltweit einzige Straßenmagazin, das zugleich ein Bildungsexperiment ist und sich als Übungsfeld für die Kooperation von Hochschulen und Zivilgesellschaft versteht. Nachahmung erwünscht!

 

Text und Foto ganz oben: Michael Vogel