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#107 HAFENSTRASSE

EDITORIAL: Der andere Hafen, der große!

Liebe Leser:innen,

nein, wir waren diesmal nicht in Walle und auch nicht in Vegesack – auch wenn die Richtung schon ganz richtig ist. Es gibt nämlich noch eine dritte Hafenstraße im Land: die ganz große in Bremerhaven. Es ist aber kein Wunder, wenn Sie da durcheinander gekommen sein sollten. Die Zeitschrift der Straße ist ja tatsächlich eher selten zu Besuch in Bremens kleiner Schwester. Eine Premiere ist es aber nicht! Schon im April 2011 haben wir nämlich unsere dritte Ausgabe der Alten Bürger gewidmet: Bremerhavens Szeneviertel. Das ist mehr als zehn Jahre her.

Dass wir es jetzt nochmal versuchen, ist ein Experiment – für das Publikum wie für die Redaktion. Die musste nämlich erst einmal auf Reisen gehen, auf „Klassenfahrt“ sozusagen, und sich mit der ungewohnten Umgebung vertraut machen.

Wir sind gespannt, ob Sie genauso viel Freude an dem Ausflug haben wie wir. Und wer weiß: Vielleicht bekommen Sie ja nach der Lektüre selbst Lust, ans Meer zu fahren und zum Beispiel Willie Kimbroughs berühmte Hot Dogs zu probieren, oder ihm bei einem seiner Auftritte als Elvis-Imitator zu bewundern (S. 14). Sie könnten auch eine Veranstaltung der Kulturkirche besuchen, mit denen wegen anstehender Renovierungen gerade auch ungewohnte Orte bespielt werden (S. 24). Oder Sie gehen Shoppen in der Hafenstraße, wo aus alten Segeln allerlei Neues hergestellt wird (S. 20).

Und dann erzählen Sie uns doch mal, wie’s Ihnen an der Küste gefallen hat – gedanklich, beim lesen dieser Ausgabe. Das würde uns nämlich wirklich sehr interessieren. Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 „Das Wichtigste ist der Kontakt zu den Menschen“
In der Wunderwerft bekommen lokale Unternehmen Hilfe bei der Vernetzung

12 Bevor der Ami heimging
Bremerhavens Nachtleben ist berühmt und berüchtigt

14 Zwischen Hot und Hound Dog
Bildstrecke

20 Müll, Design und Shantystimmung
Aus alten Segeln entstehen an der Hafenstraße neue Produkte

24 Frischer Wind in alten Gemäuern
Die Kulturkirche geht wegen Renovierungsarbeiten auf Reisen

28 „Jeden Tag guck ich mir die Welt neu an“
Unsere Verkäuferin Bettina bekommt durch die Arbeit neuen Mut


Ab 2. Mai 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#106 Leher Heerstrasse

EDITORIAL: Die mit der Mühle

Liebe Leser:innen,

neben der Mühle steht die Tankstelle, neben dem Landhaus Louisenthal der Aldi-Markt: Es ist schon eine komische Straße, diese Leher Heerstraße. Ein Nebeneinander aus Jahrzehnten, Jahrhunderten gar. Kleine Ladenzeilen mit inhabergeführten Geschäften. Friseure, Blumen, Kieferchirurgie. Eine Autowerkstatt. Und dann diese Ufos aus vergangener Zeit, die in diesem Sammelsurium aus Handel und Dienstleistung gelandet zu sein scheinen, obwohl sie ja als Erste da waren, die Mühle und das Landhaus. Wie es im Inneren des Landhauses aussieht, weiß man: Es ist das Ortsamt Horn-Lehe, offen für die Bürger:innen. Bei der Mühle sieht das schon anders aus: Mit etwas Beharrungsvermögen hat es unser Fotograf Volker Busch schließlich geschafft, einen Blick hineinzuwerfen. Was er dort vorfand, sehen Sie in unserer Bildstrecke (S. 14).

Flaneur:innen übrigens sieht man trotz der Geschäfte in der Leher Heerstraße wenig, Straßenbahngleise dafür umso mehr, sie zerschneiden die Straße in Längsrichtung, es ist die stark frequentierte Linie 4. Das wahre Ufo ist außerdem das neue Zentrum mit dem idyllischen Namen „Mühlenviertel“: Hier war früher ein Gelände der Bundespost und jetzt, angeschmiegt an die Autobahn, das mit Bedacht aus dem Boden gestampfte neue Wohnviertel mit Supermarkt, Bäcker und Sparkassenfiliale. Was alles dazugehört, so ein neues Viertel zu bedenken und zu planen, hat uns der Stadtplaner Robert Lemmen verraten (S. 12).

„Man muss alte Leute dahin stecken, wo etwas passiert“, sagt Elisabeth Herrschel, die in einem Seniorenwohnheim in der Leher Heerstraße lebt – und arbeitet. Sie malt Bilder und ist mit ihren nunmehr 100 Jahren eine gefragte Auftragskünstlerin. „Wer hat denn in meinem Alter noch Aufträge irgendwelcher Art?“, fragt sie, nicht ohne Stolz, als sie uns ihre Arbeit und die Bilder erklärt (S. 8). Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre!

Aus dem Inhalt:

8 – Der Kreis des Lebens

Elisabeth Herrschel ist Künstlerin, lebt in der Gegend – und ist gerade 100 geworden

12 – Gar nicht dröge: Wie aus Baurecht Leben wird

Das „Mühlenviertel“ ist neuer Wohnraum in Bremen. Wir haben mit dem Planer gesprochen

14 – Ins Herz der Straße

Bildstrecke

18 – Im Haus der Bücher

Wir haben uns in Bremens letztem Antiquariat umgesehen – und uns fast verlaufen

22 – Aufgeladene Steine

Vielleicht haben Sie noch nie von Ernst Gorsemann gehört. Aber seine Bildhauerei prägt Bremens Stadtbild

28 – „Egal, wie es dir geht – immer lächeln“

Unser Verkäufer Mihai Radu ist seit zehn Jahren dabei. Man lässt ihn auch auf Gepäck aufpassen


Ab 3. April 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#105 HELENE KAISEN WEG

EDITORIAL: Neustädter Schleichweg

Liebe Leser:innen,

Eine „Kleinigkeit“ ist nämlich auch der Weg nicht, obwohl er komplett verkehrsberuhigt ist und sich eher heimlich parallel zur Neuenlander Straße durch die Neustadt schleicht. Er ist so was wie die Hintertür von Flüsse- und Philosophenviertel, ein „Shortcut“ zwischen Bäckerei und Wohnungstür – zwischen Schule und Spielplatz. Wer die endlosen Reihenhäuser dieser Gegend sieht, wird sofort verstehen, warum die meisten AnwohnerInnen ganz froh sind über diese charakteristischen Torbögen in den Fassaden und eben über den Helene Kaisen-Weg, der hindurchführt. Auch wir haben die schönen Seiten dieses Schleichwegs erkannt, auch wegen ungewohnter Blicke hinter die Kulissen: in die grünen Gärten und belebten Räume auf den Rückseiten der doch eher eintönigen Straßen drumherum.

Wir haben ein Paar kennengelernt, das mit Gesten und Musik Geschichten erzählt (S. 8), den Hauswart jenes Wohnblocks, an dem die einzigen Hausnummern des Wegs prangen (S. 12) – und zwei Frauen, die auf getrennten Wegen aus der Ukraine nach Bremen geflohen sind und hier plötzlich zu Nachbarinnen wurden (S. 18).

Wir hoffen, dass diese Begegnungen Sie genauso inspirieren werden wie uns und wünschen Ihnen viel Spaß bei der Lektüre!

Aus dem Inhalt:

8 – Es war einmal ein Märchen

Erzähler:innen überwinden Sprachbarrieren

12 – Der Mann an den Trommeln

Wir treffen einen Hauswart des GEWOBA-Komplexes

14 – Nachts an der Hintertür

Bildstrecke

18 – Nach der Flucht

Geflüchtete aus der Ukraine werden zu Nachbarinnen

20 – Ein Zufall mit Folgen

Eine Schule benennt sich nach einer jüdischen Mitschülerin, die ins Ghetto Theresienstadt deportiert wurde

24 – 53.065005, 8.787950

Lyrik

28 – „Furchtbar, dass Menschen so leben müssen“

Lisa Bäuml arbeitet ehrenamtlich im Vertriebsbüro

Ab 6. März 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

DER LETZTE MACHT DAS LICHT AUS

#104 LEERSTAND – Völlig klar: Jede Ausgabe der Zeitschrift der Straße ist eine besondere Ausgabe. Und trotzdem haben wir mit der #104 etwas besonderes versucht – auch für unsere Verhält­nisse. Wir haben uns mit dem „Leerstand“ beschäftigt: einem Phä­nomen, über das zur Zeit viel gesprochen, geklagt und gegrübelt wird. Die meist fotografischen Beiträge in unserem Heft sind dabei ganz unter­schied­lichsten Leerständen gewidmet: Wohnungen, Schu­len, Fabriken und Büros. Auf eine zunächst eher ungewöhlich wirkende Variante wollen wir hier einen zweiten Blick werfen. Auf Kirchen nämlich, von denen nicht nur im übertragenden Sinne immer mehr leer stehen.

Leere Kirche in Bremen Rönnebeck

Dabei ist der Mitgliederschwund christlicher Kirchen gar kein Geheim­nis. Die regelmäßig veröffentlichten Austrittszahlen steigen Jahr für Jahr. Das illustriert einen Bedeutungswandel der Institution Kirche für die Gesellschaft – schlägt sich zunehmend aber auch in der Nutzung kirch­licher Immobilien nieder. Seit dem Jahr 2000 wurden in Deutsch­land bereits mehr als 500 katholische Kirchen offiziell entweiht und teils umgenutzt. Eine davon steht in Rönnebeck, im Bremer Nor­den. Sie wurde 1930 eingeweiht und 2019 wieder geschlossen – vom Weih­bischof dem „profanen Gebrauch zurückgegeben“, wie es heißt. Künftig soll hier eine Kita entstehen, sobald die Baugenehmigung erteilt ist.

„Kita St. Nicolai“

Der zugehörige Gemeindesaal wird bereits seit 2017 als „Kita St. Nicolai“ in diesem Sinne von den ganz Kleinen genutzt. Hier sehen wir deren stellvertretende Leiterin Christin Timmermann. In den Niederlanden, wo es keine Kirchensteuer gibt, ist dieser Prozess bereits sehr viel weiter fortgeschritten. In Maastricht beherbergt eine Kirche etwa die meist­besuchte Buchhandlung des Landes. Auch Fitness­studios, Supermärkte, Hotels und Turnhallen sind dort in ehemalige Glaubens­häuser gezogen.

Christin Timmermann, stellvertretende Leiterin der „Kita St. Nicolai“

Doch auch wenn das liturgische Prozedere zur „Entweihung“ zunächst eine katho­lische Angelegenheit ist, betrifft die Sache selbst die evange­lische Kirche nicht weniger. Hier sehen wir die 2008 profanierte Kirche Matthias Claudius in der Neu­stadt. In das Kirchenschiff wurde eine Zwischen­decke eingezogen. Auch hier wer­den die freigewordenen Räume inzwischen als Kita genutzt. Der Altar der ehema­ligen Kirche steht heute an der frischen Luft, gleich vor dem Gebäude, in dem auch ein Café Platz gefunden hat, das längst zu einem beliebten Treff­punkt in der Neustadt geworden ist. Hier sind auch die ehemaligen Kirchen­fenster zu bewun­dern.

Ehemalige Kirche Matthias Claudius in der Neustadt

Wie diese Veranstaltung im Frauencafé beweist, können kirchliche Räume also auch ohne Gottesdienste Gemeinschaft stiften. Ganz selbst­ver­ständlich übrigens auch nicht nur unter Christen. In der ehe­maligen Kirche in der Neustadt sind auch zahlreiche Muslima gern­gesehene Gäste.

Frauencafé in der ehemaligen Kirche Matthias Claudius

In der Vahr wiederum hat man die Nutzung der 1964 erbauten Heilig-Geist-Kirche bereits erweitert, obwohl sie gar nicht profaniert ist. Für Gottes­dienste werden Stuhlreihen aufgestellt, ansonsten dienen die Räumlichkeiten als Sozial­kaufhaus, Nähstube, Repair-Café oder Unter­richts­raum zur Nachhilfe und füllen die Kirche so auch unter der Woche mit Leben. Bis nach Ghana reichen die Kontakte aus der Vahr, wo man verschiedene Projekte mit Spenden unterstützt.

Sozialkaufhaus in der Heilig-Geist-Kirche in Bremen Vahr

Seele und Motor dieses „Marktplatzes der Begegnungen“ ist Sozial­ar­bei­ter Chris­toph Buße. Auch hier zählen zahlreiche Menschen musli­mi­schen Glaubens zu den Unterstützenden. Der aus Syrien stam­mende Abd El Karem Hasan etwa betreut das Repair-Café. Menschen bringen kaputte Nähmaschinen, Stereoanlagen und so weiter – damit sie repa­riert werden, statt auf dem Müll zu landen. Das spart Geld und ist gut für die Umwelt.

Christoph Buße (links), Abd El Karem Hasan (rechts)

Aktivität und Engagement lassen sich also nicht an den Besuchszahlen von Gottes­diensten ablesen – und auch nicht an den Austritten. Die eigentliche Frage ist ohnehin eine ganz andere: Schaffen es die Akteure in den Gemeinden, dem echten und metaphorischen Leerstand ihrer Kirchen etwas Neues entgegen­zusetzen. In Bremen jedenfalls zeigen mindestens diese drei Adressen, dass es möglich ist – mit ein bisschen Kreativität, Mut und Engagement.

Fotos, Recherche und Text: Norbert Schmacke

#104 Leerstand

EDITORIAL: Geisterstadt vorm Neuanfang

Liebe Leser:innen,

ein Gespenst geht um in den Lokalredaktionen – das Gespenst des Leerstands. Und weil dieses Thema derzeit nicht nur die Bremer Medienlandschaft umtreibt, kennen Sie alle unter Garantie solche Schlagzeilen: Traditionsreiches Familienunternehmen schließt nach fünf Generationen! Innenstadt verwaist! Ganze Stockwerke stehen leer! Keine Sorge: Diese Geschichten wollen wir Ihnen hier und heute nicht schon wieder erzählen.

Trotzdem beschäftigt uns der Leerstand auch in der Zeitschrift der Straße. Zum einen, weil er sozusagen Lücken in unsere Themenfelder schlägt: weil in fast jeder Straße, mit der wir uns beschäftigen, Gebäude leer stehen, die jemandem wichtig waren, die vielleicht einmal ganze Quartiere geprägt haben. Zum anderen wird es auch für unsere Verkäufer:innen von Tag zu Tag härter, in immer leerer werdenden Fußgängerzonen Hefte zu verkaufen. All das geht uns etwas an und beschäftigt uns.

Aber wie machen wir ein Heft daraus, wenn die Probleme doch so offensichtlich auf dem Tisch liegen? Wir haben uns für einen Schritt zurück entschieden, für ein bisschen Abstand, um noch mal neu zu fragen: Was bedeutet Leerstand eigentlich, abgesehen von leeren Schaufenstern und hektischem Abverkauf? Und ist wirklich alles schlecht oder manches vielleicht auch einfach nur … anders? Wir haben diese Fragen diesmal vor allem unseren Fotograf:innen vorgelegt, um noch mal ganz neu auf das Phänomen zu schauen, ohne es zu zerreden – um Grauzonen auszuloten und Widersprüche zu beleuchten. Ob es nun verlassene Werkstätten sind (S. 16), Fabriken, in denen heute Schulklassen lernen (S. 10) oder Bürogebäude, in denen einfach niemand mehr ist, weil Corona uns das Arbeiten zu Hause gelehrt hat (S. 12).

Wir wünschen Ihnen eine anregende (und vielleicht ja auch etwas gespenstische) Lektüre!

Aus dem Inhalt:

8 – „Das habe ich nicht gewollt“

Ursachenforschung und Schuldfragen als Bildergeschichte

10 – Raus aus der Schule

Industrieleerstand sucht obdachlose Bildungseinrichtung

12 – Wohnen im Büro?

Vor Corona undenkbar, heute schon Standard: Homeoffice für alle

16 – Geist der Arbeit

„Lost Places“ und verblassende Erinnerung im Spiegel der Kunst

18 – Der letzte macht das Licht aus

Was die Kirche mit immer leereren Kirchen anfängt

20 – Was bleibt

In Wohnungen steckt Leben. Oft auch, wenn sonst alles weg ist

24 – 53.076096, 8.808186

Auch unsere Lyrik-Reihe beschäftigt sich mit der Leere

28 – „Ich bin ein idealistischer Mensch“

Unser Verkäufer Marc beginnt einen neuen Lebensabschnitt

Ab 6. Februar 2023 bei unseren Verkäufer:innen auf Bremens und Bremerhavens Straßen erhältlich!

#103 Böttcherstrasse

EDITORIAL: Aus der Zeit gefallen

Liebe Leser:innen,

wissen Sie noch, wann Sie zuletzt in der Böttcherstraße waren – und warum? In der Redaktion waren sich die meisten jedenfalls nicht sicher, als wir uns die berühmte Straße vorgenommen hatten. Wahrscheinlich war’s irgendein auswärtiger Besuch, dem man die Stadt zeigen wollte. Oder ein vermutlich vergeblicher Versuch, zwischen Innenstadt und Weser ganz kurz mal eben abzukürzen. Für viele von uns war es jedenfalls wie so oft mit Wahrzeichen: Man guckt sich doch eher die der anderen Städte an als jene vor der eigenen Haustür.

Eine kleine Ausnahme sind freilich die kunstinteressierten BremerInnen, auf die neben der spannenden Architektur auch der Doppelpack aus Paula Modersohn-Becker Museum und dem Ludwig Roselius Museum in der Straße wartet. Für diese Ausgabe haben wir allerdings einen etwas weniger bekannten Kunstort besucht: das Haus der syrischen Kunst nämlich (S. 20), das erst vor Kurzem eröffnet hat
und seltene Einblick in die junge Kultur eines von Krieg und Despotie zerrütteten Landes bietet. Gesprochen haben wir außerdem mit Sönke Schöttler, der als Gästeführer regelmäßig dienstlich mit der Straße zu tun hat (S. 12). Von ihm wollten wir unter anderem wissen, wie er mit der NS-Geschichte der Straße umgeht, wenn jemand danach fragt. Bei „Büchlers Beste Bohne“ haben wir viel über Kaffee gelernt (S. 8) und außerdem die ganz normalen PassantInnen gefragt, was sie eigentlich in die Straße verschlagen hat (S. 14). Ein Experiment ist der Text „53.075294, 8.806208“ (S. 25), in dem sich Véra Marie Deubner auf lyrische Weise mit der Straße auseinandersetzt.

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

WARNUNG VOR FALSCHER STRASSENZEITSCHRIFT AUF BREMENS STRASSEN

ACHTUNG, ACHTUNG!
Uns erreichen Mitteilungen, dass Verkäufer*innen des Magazins Querkopf sich als Verkäufer*innen der Zeitschrift der Straße ausgeben. Die Zeitschrift der Straße distanziert sich von diesem Magazin und allen Personen, die dieses in unserem Namen verkaufen.


Unsere Verkäuferinnen und Verkäufer erkennen Sie immer an unseren Verkaufsausweisen und der Zeitschrift der Straße. Auf unseren Zeitschriften im Verkauf auf Bremens Straßen befindet sich immer ein Stempel mit der Verkäufer*innennummer, beides muß zusammen passen, damit Sie sicher sein
können, dass es sich um eine*n bei uns registrierte*n Verkäufer*in handelt.


Bitte bleiben Sie uns treu. Unterstützen Sie weiter unsere Verkäuferinnen und Verkäufer und das Original Bremens. Wir und viele Menschen, die die Zeitschrift der Straße verkaufen, danken Ihnen!


Ihre Zeitschrift der Straße

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#102 Hindenburgstrasse

EDITORIAL: Das andere Bremen

Liebe Leser:innen,

aus stadtbremischer Sicht fühlt es sich immer ein bisschen wie ein Ausflug aufs Land an, wenn es einen mal nach Bremen-Nord verschlägt. Den Menschen dort geht es umgekehrt genauso: „Ich fahr in die Stadt“, heißt es, wenn es doch mal nötig ist, sich in Richtung Innenstadt aufzumachen. Es ist schon ein kleiner Kosmos für sich, dieses Bremen-Nord, und sehr viele Anlässe, ihn zu verlassen, fallen einem gar nicht ein, wenn man so in der Lesumer Hindenburgstraße steht.

Hier gibt es eigentlich alles: eine Schlachterei, ein Geschäft für gebrauchte Brettspiele (Seite 8), eine Apotheke, Restaurants und – noch – ein stattliches Polizeirevier, dessen Umzug nach Vegesack allerdings beschlossene Sache ist. Das alte Gerichtsgebäude, in dem das Revier seit 1940 untergebracht ist, und die Möglichkeiten seiner Nachnutzung hat sich unser Autor Justus Köhler angesehen (Seite 25). Er stammt übrigens selbst aus Bremen-Nord, weshalb er sich nicht nur aus journalistischem Interesse, sondern auch aus alter Verbundenheit für alles begeistert, was die paar Kilometer weserabwärts an der Lesum so passiert.

Und hier passiert viel, vor allem sozial: Etwas versteckt und doch zentral hat der älteste Bremer Schützenverein seine Heimat. Unsere Autorin Ulrike Plappert hat sich – noch ganz unter dem Eindruck des
Todes von Queen Elizabeth II. – mit den (Schützen-)Royals von der Lesum befasst (Seite 21) und ist bei ihrem Besuch nicht nur folkloristisch, sondern auch sportlich in diese für viele Großstädter ferne Welt eingetaucht. Das und noch viel mehr lesen Sie in diesem Heft. Wir wünschen Ihnen eine unterhaltsame gedankliche Landpartie!

Karolina Meyer-Schilf, Jan-Paul Koopmann
und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

8 – Welten in Pappkartons

Ramsch und Schätze: Der Lesumer Spieleladen führt beides

12 – Code der Geschichte

Ein Heimatverein erinnert digital an vergessene Orte und Geschichten

16 – Letzte Ruhe im Grünen

Bildstrecke

21 – Heute ein König

Die Schützen an der Hindenburgstraße suchen Nachwuchs

25 – Kleinstadtrevier

Die Polizeiwache im alten Gerichtshaus ist eine Sehenswürdigkeit. Und bald nicht mehr da

28 – „Ich muss immer was um die Ohren haben“

Unser Verkäufer Willi im Porträt

#100 HUNDERT

EDITORIAL: Hundert Hefte!

Liebe Leser:innen,

weil man sich bekanntlich nicht selbst gratulieren kann, sagen wir eben einfach so, wie es ist: Die Zeitschrift der Straße wurde mit dieser Ausgabe hundert. Und auch wenn uns das natürlich wahnsinnig freut, hat der Geburtstag doch schon vorab für ein bisschen Unruhe in der Redaktion gesorgt: Welche Straße soll’s denn sein zum Jubiläum? Nachdem uns die naheliegenden Superlative (die älteste, jüngste, längste, kürzeste, schönste oder hässlichste) nicht so recht weiterbringen wollten, haben wir uns schließlich für etwas ganz anderes entschieden. Nämlich gar keine Straße auszusuchen, oder andersrum: irgendwie alle.

Wir haben uns nämlich eigene Wege durch die Stadt gesucht – Routen, die von verschiedenen Bremer:innen regelmäßig gefahren oder gelaufen werden; die ein bisschen wie Straßen funktionieren, dann aber doch ganz eigenen Zwecken dienen und sich gar nicht sehr um Namen oder Schilder kümmern, wie sie von Politik und Stadtplanung verteilt werden. Da sind wir zum Beispiel auf Werder-Fans gestoßen, die zu Freud und Leid der Anwohnenden auf immer gleichen Pfaden zwischen Bahnhof und Stadion pilgern (Seite 8). Mit der Tafel waren wir unterwegs, um regelmäßige Essensspenden einzusammeln, bevor sie an die Bedürftigen gehen (Seite 20). Außerdem hat es uns mit der Nachtlinie N7 weit rauf in den Bremer Norden gezogen (Seite 24).

Aufmerksamen Leser:innen dürfte außerdem noch eine kleine Änderung auf der Titelseite aufgefallen sein: Mithilfe von Spenden konnten wir für dieses Heft den Ausgabepreis für unsere Verkaufenden auf einen Euro senken. Auch das freut uns sehr, obwohl der Anlass eher düster ist. Tatsächlich leiden nämlich auch unsere Verkäufer:innen massiv unter den derzeit hohen Preisen für Energie und Lebensmittel, während ihnen Tankrabatte und Neun-Euro-Tickets umgekehrt kaum Entlastung bringen. Wir danken allen Spender:innen, die diese kleine Hilfe möglich machen.

Und nun zum hundertsten Mal: Viel Vergnügen bei der Lektüre!