Ausgabe

#79 LUDWIG-ROSELIUS-ALLEE

EDITORIAL: Aus alt mach neu

Liebe Leserinnen und Leser,

diesmal entführen wir Sie weit in den Bremer Osten. In eine Straße, die für Bremer Verhältnisse vergleichsweise jung ist – und in der sich dennoch in den vergangenen Jahren vieles geändert hat. Seit ihrem Bau in den 1960er Jahren stand die Ludwig-Roselius-Allee im Schatten der benachbarten Galopprennbahn. Dort wurde gewettet, gefiebert, gelitten. Und die Straße war nur ein schnöder Zubringer zum Glück oder Pech des Tages.

Doch die Galopprennbahn ist nicht mehr. Wie es auf der Brache weitergeht, ist noch immer offen. Wir haben AnwohnerInnen, PolitikerInnen und VisionärInnen gefragt, was sie sich wünschen würden (Seite 10). Gleichzeitig versucht die Straße, sich neu zu erfinden. Und erhält dabei ungeahnte Unterstützung: Etwa von der hinduistischen Gemeinde, die just hier einen Tempel erbaut, weil es einer Kuh vor Ort so gut gefiel (Seite 20). Einen Neuanfang versucht auch ein sozial-ökologisches Modellquartier, in dem vieles anders ablaufen soll als man es sonst kennt (Seite 22).

Natürlich darf auch ein Gespräch mit unserem Verkäufer Mark Lindemann nicht fehlen. Er hatte ein bewegtes Leben, mit so manchen Tiefen. Und sagt dennoch von sich, er sei zufrieden mit dem, was er habe. Diese Stärke wünschen wir auch Ihnen, unseren LeserInnen und FörderInnen in diesen nach wie vor schwierigen Zeiten. Wir danken Ihnen ganz herzlich, dass Sie trotz zahlreicher Sorgen im eigenen Umfeld, trotz Abstandsregeln und den nötigen Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit Fremden unsere VerkäuferInnen weiterhin im Blick haben. Das macht eine solidarische Gesellschaft aus.

Viel Spaß beim Lesen wünschen
Jan Zier, Tanja Krämer und das Team der Zeitschrift der Straße

Aus dem Inhalt:

08 Ein ambivalenter Charakter

Der Namensgeber der Ludwig-Roselius-Allee war ein schwerreicher völkischer Nationalist, der auch sozialkritisch dachte und Paula Modersohn-Becker förderte

10 Der Traum von kleinen Häuschen

Ein Runder Tisch berät, was aus der seit zwei Jahren brach liegenden Galopprennbahn werden soll. Eine Bebauung der 30 Hektar großen Wiese ist zwar tabu – aber nicht in jeder Form. Wir haben Ideen gesammelt

20 „Die Kuh hat sich hier wohlgefühlt“

Im Ellener Hof entsteht der neue hinduistische Tempel Bremens. Gespräch mit Pathmakaran Pathmanathan, dem Gemeindesprecher und Gründer der hinduistischen Gemeinde in Bremen

22 Tauschen, Teilen, Sparen

Im Bremer Osten entsteht seit 2018 ein sozial-ökologisches Modellquartier. Ein Besuch auf der Baustelle

24 „Ich beneide die nicht um ihr Geld“

Mark Lindemann hat früher mal Yachten für Superreiche ausgebaut. Seine Eltern kommen aus dem Rotlichtmilieu, seinen Sohn kennt er nur durch Zufall. Heute verkauft er die Zeitschrift der Straße – für seinen Enkel

28 Der Herr der Bienen (online lesen)

Marten Carstensen betreut als Imker vier Bienenvölker an der Ludwig-Roselius-Allee. Seine Passion für die Arbeit mit und in der Natur bestimmt sein Leben